Interview mit Ingrid Mickler-Becker
"Von der Leichtathletin zur Staatssekretärin" titelte am 25.9.02 die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und meinte damit eine Sportlerin, die in der Sportgeschichte ihren festen Platz hat. Bevor sie jedoch zur Staatssekretärin in Rheinland-Pfalz berufen wurde, nannten vielen Sportfans Ingrid Mickler-Becker die "Königin der Leichathletik". Und das nicht ohne Grund!
Jüngste Olympiateilnehmerin
Das Licht der Welt erblickte Ingrid Mickler-Becker am 26.9.42 in Geseke im Kreis Soest. Da ihr Vater im Krieg fiel, übernahm ihr Großvater dessen Rolle. Zum Sport kam sie durch den Turnverein in ihrem Geburtsort und als Teenager sattelte sie auf Leichtathletik um. Und bald sollte sich herausstellen, dass in der jungen Sportlerin enorme Talente stecken. Schlag auf Schlag kämpfte sie sich an die Spitze der deutschen Leichtathleten – vor allem im Hochsprung - und durfte bereits mit 17 Jahren 1960 an den Olympischen Sommerspielen in Rom teilnehmen. Sie war damit das jüngste Mitglied in der deutschen Abordnung. Zwar blieb sie in Rom noch der Konkurrenz unterlegen, doch alleine die Teilnahme an so einem Sportfest befeuerte ihre Motivation zusätzlich. Das sollte bald Früchte tragen.
Auf der Karriereleiter
Der Hochsprung und der Fünfkampf waren die Disziplinen, in denen Ingrid Mickler-Becker am meisten brillierte - in beiden wurde sie 1962 deutsche Meisterin. Es folgten weitere Teilnahmen an diversen Wettkämpfen, bei denen sie stets eine gefürchtete Konkurrentin blieb. Und die Erfolge ließen sich auch sehen: unter anderem 1962 ein vierter Platz im Fünfkampf bei der Europameisterschaft in Belgrad und 1964 auch ein vierter Platz im Weitsprung bei den Olympischen Spielen in Tokio. In den Folgejahren holte sie immer wieder die deutsche Meisterschaft und stellte auch neue Rekorde auf. So etwa im Weitsprung: 1967 sprang Ingrid Mickler-Becker die für die damalige Zeit sagenhafte Distanz von 6,65 m. Aber der ganz große Triumph sollte erst ein Jahr später, 1968, kommen.
Das erste Olympiagold
Das Jahr 1968 hatte für Ingrid Mickler-Becker bis zum Herbst zahlreiche Erfolge im Gepäck: bei den deutschen Meisterschaften belegte sie im Fünfkampf den zweiten Platz und wurde deutsche Meisterin im 100-Meter-Lauf. Nun war es Zeit für die Olympischen Sommerspiele in Mexiko. Der Fünfkampf der Frauen wurde an zwei Tagen ausgetragen. Am ersten Tag standen 100-Meter-Lauf, Kugelstoßen und Hochsprung auf dem Programm. Der zweite Tag brachte dann die Entscheidung. Nach dem 200-Meter-Lauf und dem Weitsprung stand fest: Ingrid Mickler-Becker gewann ihre erste olympische Goldmedaille. In den Folgejahren war die Sportlerin, die in Mainz auch Sport, Pädagogik, Soziologie und Psychologie studierte, immer wieder erfolgreich. Zu ihren besten Leistungen gehörten unter anderem 1971 die Goldmedaillen in 4 x 100-m-Staffel bei den Europameisterschaften in Helsinki und bei den olympischen Sommerspielen 1972 in München. Nach Beendigung ihrer aktiven Sportkarriere blieb Ingrid Mickler-Becker dem Sport weiterhin verbunden und betätigte sich intensiv als Sportfunktionärin. 1990 wurde sie zur Staatssekretärin im Sozialministerium Rheinland-Pfalz ernannt. Sie wurde auch zur "Sportlerin des Jahres 1968" gewählt.
Die Einwohner von Geseke, dem Geburtsort von Ingrid Mickler-Becker, hatten ihr im Oktober 1968 nach dem Triumph in Mexiko einen begeisterten Empfang bereitet. Für die Deutsche Welle war damals Werner Höcker dabei und hat mit Ingrid Mickler-Becker gesprochen.
Autor: Andreas Zemke
Redaktion: Diana Redlich