Drogenaffäre beschäftigt Venezuelas Politik
Delcy Rodriguez ist eine entscheidungsfreudige Politikerin. Die venezolanische Außenministerin ist nach der Verurteilung von zwei Neffen des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro und seiner Frau Cilia Flores wegen Drogenhandels in den USA besorgt um den guten Ruf - nicht um den des Landes, sondern um den der Neffen.
Weil Oppositionsführer Henrique Capriles Bilder der verurteilten Drogenschmuggler in die Kamera hielt und eine rückhaltlose Aufklärung der Hintergründe forderte, droht ihm die Außenministerin mit juristischen Konsequenzen wegen Dokumentenfälschung. Capriles habe es bei den Bildern mit der Wahrheit nicht so genau genommen und die Fotos manipuliert, begründete Rodriguez ihre Klageankündigung. Die beiden Beschuldigten hätten keine Diplomatenpässe besessen, wie Capriles behauptet. Der reagiert wütend: Venezuela lasse trotz der Versorgungskrise keine Flüge mit Nahrungsmitteln und Medikamenten ins Land, dafür könnten Flieger mit Drogen ungehindert venezolanische Flughäfen verlassen.
Skandal belastet die Innenpolitik
Damit ist der Fall von Franqui Francisco Flores de Freitas (31) und Efrain Antonio Campo Flores (30) endgültig in der venezolanischen Innenpolitik angekommen und bringt weitere Brisanz in die ohnehin schwere innenpolitische Krise. Derzeit versucht der Vatikan zwischen den beiden völlig zerstrittenen Lagern zu vermitteln.
Die staatlichen Medien Venezuelas ignorierten trotz der Brisanz des Falles das Thema lange Zeit weitgehend. Venezolaner, die sich für das spektakuläre Verfahren interessierten, waren überwiegend auf regierungskritische Medien angewiesen. Noch im Januar hatte Cilia Flores behauptet, ihre Neffen seien von den USA entführt worden. Doch die US-Justiz ließ sich davon nicht einschüchtern. In der vergangenen Woche wurden die beiden Angeklagten für schuldig befunden und verurteilt. Ihnen wird zur Last gelegt, rund 800 Kilo Kokain über Honduras in die USA geschmuggelt zu haben.
Verhaftet wurden sie vor mehr als einem Jahr in Haiti. Über das Strafmaß wird in den nächsten Wochen entschieden, bestätigte ein Sprecher des Gerichts auf Anfrage der Deutschen Welle. Dabei ist es auch von Bedeutung, ob die Flores-Neffen mit der Staatsanwaltschaft kooperieren und über die Hintermänner aussagen. Die Drogenfahndung hatte sich auf Beweise per Video, Audio und Text-Nachrichten gestützt.
Spielball internationaler Politik
Inzwischen zieht der Fall immer weitere Kreise und wird zum Spielball der internationalen Politik. Der vom venezolanischen Staat federführend finanzierte regierungsnahe Fernsehsender Telesur ergreift inzwischen offen Partei für die Flores-Neffen. Anwälte der Familie behaupten, US-Behörden hätte rund zwei Millionen US-Dollar an Informanten gezahlt. "Der Fall wurde benutzt, um die venezolanische Regierung in Misskredit zu bringen", kommentierte Telesur noch am Mittwoch.
Das Problem für das Präsidentenpaar: Es existieren Tonaufnahmen, in denen einer der Neffen damit prahlt, die komplette Kontrolle über den Präsidentenhangar im Flughafen Simón Bolívar in Maiquetía vor den Toren der venezolanischen Hauptstadt zu besitzen. Und damit wäre der Fall Flores auch eine Staatsaffäre. Brian Fonseca, Politologe der Internationalen Universität Floridas, glaubt, dass eine Aussage der Flores-Neffen politische Sprengkraft besitzen könnte: "Die Frage ist, ob sie Informationen über die Verbindungen ihrer Hintermänner zu Protokoll geben oder ob sie sich entscheiden, ihre Familie nicht in Gefahr zu bringen - sei es aus Gründen der Loyalität und warum auch immer."
Der brisante Fall könnte das ohnehin angespannt Verhältnis zwischen Venezuela und den USA weiter belasten und eine erste Herausforderung für die neue US-Administration unter Neu-Präsident Donald Trump werden. Maduro schickte schon einmal vorsichtige Signale Richtung Washington. Er hoffe, dass nach der Ära Obama nun die Beziehungen neu ausgerichtet werden könnten. Darüber könnte auch der weitere Umgang der US-Justiz mit dem Fall Flores entscheiden.