Internetblockade in Russland – Brief des Intendanten an User

Nach der Sperrung der Webseite dw.com in Russland in allen Sendesprachen wendet sich der DW-Intendant in einem Brief direkt an Nutzende in Russland.

Russland Moskau im Winter
Bild: picture-alliance/dpa/Sputnik/N. Seliverstova

Liebe Freunde der DW in Russland,

nach der erzwungenen Schließung unseres Büros in Moskau Anfang Februar ist die Situation für freien Journalismus in Ihrem Land jeden Tag schwieriger geworden. Seit dem frühen Morgen des 4. März ist die Webseite dw.com in Russland in allen Sendesprachen gesperrt. Das bestätigen manuelle und automatisch durchgeführte Tests. Weitere ausländische Sender, darunter die BBC, wurden ebenfalls gesperrt.

Ich bedaure das sehr und bitte Sie, wenn möglich, Mittel der Internet-Blockadeumgehung zu benutzen, um unsere Programme zu erreichen. In unserem Programmangebot finden Sie die nötigen Hinweise und Erklärungen in mehreren Sprachen, eine Auflistung von Beiträgen zum Thema finden Sie unten auf dieser Seite.

Wir sind ein unabhängiges internationales Medienhaus aus Deutschland. Wir sind kein Regierungssender!

Wir fühlen uns aber der Demokratie, der Toleranz, der Völkerverständigung und dem Frieden verpflichtet. Wir wollen Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger Russlands, auch in diesen schweren Zeiten der Konfrontation mit unabhängigen Informationen versorgen. Dazu gehört auch klar zu sagen, dass die schweren Kämpfe in der Ukraine die Folge eines Angriffskriegs sind, der von Präsident Putin befohlen und zu verantworten ist.

Es ist keine "Spezialoperation" gegen angebliche Nazis, sondern es ist ein Überfall, der unendliches Leid, Zerstörung, Tod und Flucht nach sich zieht. Schon jetzt sind viel zu viele Soldaten auf beiden Seiten und ukrainische Zivilisten getötet worden. Die russischen Programme der DW haben eine lange Tradition. Wir haben immer versucht das ganze Bild Russlands zu zeigen. Die wunderbaren Menschen und die großartige Kultur sind ein Teil des Bildes. Aber eine völlig enthemmte Regierung ist es leider auch. Wir sehen unsere Aufgabe darin, mit den Menschen in Russland im Dialog zu bleiben. Zu einem Dialog gehören auch manchmal unangenehme Wahrheiten. Russland ist der größte Flächenstaat der Welt. Es braucht sicher nicht noch mehr Land, sondern mehr Wohlstand und Rechte für seine Bürger, Zukunftschancen für seine Kinder. Eine Zukunft ohne Krieg und Bedrohung in Europa. Lassen Sie uns alle dazu beitragen, dass die Verbindungen zwischen uns nicht völlig abreißen. Die DW wird ihren Beitrag dazu auch weiter leisten – mit freien Informationen für unsere russischen Freunde.

Ihr Peter Limbourg

Intendant Deutsche Welle