Mit Faktencheck gegen Stabilokraten
Europa in der Krise! Krise der Demokratie! Schlagzeilen, die immer wieder auftauchen. Nationalistische und populistische Parteien haben Zulauf, der liberalgesellschaftliche Konsens erodiert.
Besonders in den Staaten des Westbalkan – Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien – ist die Euphorie des demokratischen Aufbruchs längst der Ernüchterung und Stagnation gewichen. Dort hält sich eine Klasse aus Politikern mit populistischen und nationalistischen Parolen an der Macht, die vielfach tief in Korruption und Vetternwirtschaft verstrickt ist. Eine Perspektive auf Veränderung ist für die Bevölkerung nicht absehbar. Deshalb stimmen die Menschen mit den Füßen ab. Kein Wunder, dass der Migrationsdruck aus den EU-Ländern im Südosten des Kontinents wie auch den Beitrittsstaaten vom westlichen Balkan anhält. Wer irgend kann, versucht, die als hoffnungslos erlebte Heimat zwischen Adria und Donau zu verlassen, um in einem westeuropäischen Land eine bessere Zukunft zu finden.
Denn in den Balkanstaaten grassiert eine neue Herrschaftsform nach dem Muster: autoritär führen, nationalistisch argumentieren, neoliberal wirtschaften. Diese sogenannten Stabilokraten zeichnet ein Machtpragmatismus nach Art des türkischen Präsidenten Erdogan aus – Demokratie scheint lediglich Mittel zum Zweck, nicht das Ziel zu sein. Sie nutzen die demokratischen Instrumente und setzen diese gleichzeitig de facto außer Kraft, um einen Elitenwechsel zu verhindern.
Die sukzessive Aushöhlung des Rechtsstaats durch „Justizreformen“ hat sogar in scheinbar schon gefestigten Demokratien, etwa in Polen und Ungarn, aufschrecken lassen. Auch in Rumänien versucht die Regierung, die Kontrollstrukturen auf Kurs zu bringen. In den Staaten des westlichen Balkan besteht der Rechtsstaat vielfach nur auf dem Papier.
Durch Tricks werden unliebsame Stimmen ausgeschaltet
Dort, wo die Gewaltenteilung den immer autoritärer agierenden Machthabern im Wege steht, ist auch der Zugriff auf eine kritische Medienöffentlichkeit nicht weit. Durch vielerlei legalistische Tricks und politisch unterstützte wirtschaftliche Verdrängungsprozesse werden unliebsame Stimmen ausgeschaltet oder marginalisiert. Auf der aktuellen Rangliste für Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen sind Bulgarien (Rang 109), Mazedonien (111) und Montenegro (106) traurige Spitzenreiter in Europa.
Umso wichtiger ist es und wird es in Zukunft sein, neben den lauten Stimmen der regierungstreuen Medien, die die populistischen Botschaften der Regierungspolitiker hinausposaunen, auch kritischen Köpfen und anderen Sichtweisen auf Lebenswirklichkeit und Zivilgesellschaft Platz zu geben. Die Deutsche Welle ist in den Ländern Südosteuropas vielerorts das einzige Medium aus dem westlichen Europa, das noch Angebote in den Regionalsprachen macht – Russia Today, Sputnik, Al Jazeera haben in den vergangenen Jahren ihre Angebote in der Region drastisch ausgebaut und befeuern kräftig den antieuropäischen und antidemokratischen Diskurs.
Deutsche Welle für Meinungsvielfalt unverzichtbar
Seit den Jahren der Jugoslawien-Kriege hat sich die Deutsche Welle als ein „ehrlicher Makler“ und als Stimme der Vernunft etabliert. Ob auf Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Albanisch oder Mazedonisch: Was die Journalisten der DW berichten, genießt hohe Glaubwürdigkeit und hat Gewicht, immer wieder auch als Korrektiv von gezielten Falschmeldungen. Die kleinen Redaktionsteams schaffen dies durch innovative Formate und gut platzierte Expertise. Mit Partnerschalten in reichweitenstarken TV-Sendern sind wir in Albanien, Bulgarien, Serbien, Kosovo und Bosnien-Herzegowina, auch in Kroatien, Mazedonien, Rumänien und der Republik Moldau in den Landesssprachen vor Ort Teil des Diskurses.
Mit dem wöchentlichen Webvideo-Format #DE_Facto sowie dem Dialog-Format „Balkan Booster“ sprechen die Westbalkanprogramme der DW gezielt die Jugend an und laden auf Facebook zum Faktencheck sowie zum Dialog mit jungen Menschen aus der Region. Beide Formate haben im vergangenen Jahr mehrere Millionen Aufrufe und Tausende von Reaktionen generiert.
Im 65. Jahr ihres Bestehens ist die DW in Südosteuropa jung, frisch und präsent. Sie ist als Stimme für Chancen- und Meinungsvielfalt und somit für eine demokratische Zukunft in Europa unverzichtbar.