OECD: Luftverschmutzung kostet zu wenig

Der CO2-Ausstoß ist laut einem OECD-Bericht deutlich zu billig, um genug Anreize für einen effektiven Klimaschutz zu schaffen. Verursacher sollten demnach mehr als doppelt so viel pro Tonne CO2 zahlen müssen.

Fabrikschornsteine
Bild: picture-alliance/chromorange

Straßenverkehr, Industrie, Landwirtschaft, Stromerzeugung, Wohnen - der weltweite Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids ist immens und viel zu billig, sagt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Sie hat untersucht, wie viel Geld 41 Industrie- und Schwellenländer von CO2-Verursachern kassieren - entweder über Steuern oder über den Verkauf von Verschmutzungsrechten wie im EU-Emissionshandel.

Demnach kostet eine Tonne CO2 im Durchschnitt 14,40 Euro. Um die realen Klimakosten abzubilden, sind der OECD zufolge selbst bei niedrigen Schätzungen aber 30 Euro pro Tonne nötig. Diesen Wert erreichen oder überschreiten jedoch nur zehn Prozent der CO2-Emissionen. Für 60 Prozent des Ausstoßes müssten die Verursacher überhaupt nichts bezahlen.

Preis als wichtiges Instrument

Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, müsse hier angesetzt werden: "CO2 durch Steuern oder Emissionshandelssysteme zu bepreisen, ist eines der wirksamsten Instrumente, um CO2-Emissionen zu reduzieren und dem Klimawandel zu begegnen", sagt OECD-Generalsekretär Angel Gurría. Der Bericht zeige, dass schon moderate Preiserhöhungen deutliche Auswirkungen haben könnten.

Ein Mann auf einem vertrockneten Feld in Indien (Foto: Getty Images/AFP/N. Seelam)
Um die Erderwärmung zu stoppen, muss massiv CO2 eingespart werden Bild: Getty Images/AFP/N. Seelam

Die Autoren stützten sich auf Daten aus dem Jahr 2012. Neben den 34 OECD-Mitgliedsstaaten wurden auch Argentinien, Brasilien, China, Indonesien, Indien, Russland und Südafrika untersucht. Auf die 41 Länder entfallen insgesamt 80 Prozent des globalen Energieverbrauchs und der globalen CO2-Emissionen.

Benzinsteuer hebt den Schnitt

Die höchsten Preise pro Tonne CO2 werden international im Straßenverkehr notiert - hier liegen die meisten Ländern wegen der Mineralölsteuer weit über der 30-Euro-Marke. In Deutschland etwa sind es 220 Euro. Dabei wird diese Steuer nicht einmal mit dem primären Ziel erhoben, den CO2-Ausstoß zu verringern.

In den meisten anderen Bereichen, in denen CO2 entsteht, werden die Emittenten in vielen Ländern hingegen überhaupt nicht zur Kasse gebeten - etwa bei anderen Transportmitteln, der Stromerzeugung, der Industrie, der Landwirtschaft und Fischerei, bei Wohnen und Handel. "Wir haben mit dem Bericht versucht, den Sachstand zu erheben. Es geht darum, die Lücken in der Besteuerung aufzuzeigen", sagt OECD-Sprecher Matthias Rumpf im DW-Interview.

Stau auf einer deutschen Autobahn (Foto: picture alliance/dpa/R. Vennenbernd)
Der Straßenverkehr sorgt für den Löwenanteil der Einnahmen Bild: picture alliance/dpa/R. Vennenbernd

Der Handel mit Verschmutzungsrechten innerhalb der EU hingegen wurde mit dem expliziten Ziel eingeführt, den CO2-Ausstoß weniger attraktiv zu machen. Er macht in der Rechnung der OECD aber nur 5,6 Prozent der staatlichen Preise für CO2-Emissionen aus. Der Großteil der Kosten für Wirtschaft und Verbraucher setzt sich also aus Steuern zusammen, von denen die meisten gar nicht mit Klimaschutz in Verbindung gebracht werden.

CO2-Steuer für die gesamte EU?

Hans-Jochen Luhmann forscht am Wuppertal Institut zum Thema Klimaschutz. Er appelliert vor allem an die Europäische Union, den Ausstoß von CO2 teurer und damit weniger attraktiv zu machen. Das sei mit der geplanten Überarbeitung des Handels mit CO2-Zertifikaten möglich, oder auch durch eine Maut. 

Eine dritte Option seien Steuern auf EU-Ebene: "Nachdem die Briten entschieden haben, aus der EU ausscheiden zu wollen, könnten die übrigen Staaten nun eher bereit sein, der Europäischen Gemeinschaft eine eigene Steuer- oder Abgabenquelle einzuräumen. Und da bietet sich natürlich die Besteuerung von einem Übel wie der CO2-Emission an", so Luhmann im DW-Gespräch. Denn: "Man muss nicht nur Maßnahmen treffen, sondern Interessen schaffen. Es geht hier nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um die Finanzinteressen der Staaten."