Signal - weniger Waffen für das NATO-Mitglied Türkei
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten einem Zeitungsbericht zufolge mehrere Anträge auf Rüstungsexporte in die Türkei abgelehnt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Frage des Linken-Abgeordneten Jan van Aken hervor, aus der die "Süddeutsche Zeitung" zitiert. Die Türkei unterliegt als NATO-Partner gewöhnlich kaum Beschränkungen bei Rüstungsexporten. Seit dem Putschversuch geht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan allerdings mit harter Hand gegen politische Gegner vor.
Der Stopp sollte aber nicht als direkte Reaktion auf die aktuellen deutsch-türkischen Verstimmungen wegen öffentlicher Auftritte von türkischen Politikern missverstanden werden. Denn die Entscheidung der Bundesregierung liegt schon länger zurück. Der Entschluss fiel offenbar nach dem Putschversuch in der Türkei im vergangenen Sommer. Danach war die Presse- und Meinungsfreiheit in dem Land eingeschränkt worden, massenhaft wurden Menschen verhaftet und Beamte aus ihren Jobs entlassen.
Menschenrechte haben "besonderes Gewicht"
"Der Beachtung der Menschenrechte wird bei Rüstungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht beigemessen", schrieb Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig laut "SZ" in seiner Antwort an van Aken. Genehmigungen seit dem Putschversuch im vergangenen Sommer erfolgten "nach außen- und sicherheitspolitischer Prüfung durch die Bundesregierung" unter besonderer Berücksichtigung "des Risikos eines Einsatzes im Kontext interner Repression oder des Kurdenkonflikts".
Die Vermutung: Aus Deutschland importierte Waffen, könnten auch gegen Kurden im innertürkischen Konflikt zum Einsatz kommen. Zwar verlangt die Bundesregierung bei den Waffenlieferungen an die Türkei eine sogenannte "Endverbleibserklärung". Aber auch die ist keine Garantie dafür, dass die deutschen Waffen nicht bei innerstaatlichen Konflikten zum Einsatz kommen, zum Beispiel gegen die PKK.
Rüstungsexporte in die Türkei bislang selten abgelehnt
Den Angaben zufolge hatte die Bundesregierung zwischen 2010 und 2015 nur insgesamt acht Anfragen für Rüstungsexporte an die Türkei abgelehnt. Seit November 2016 habe es bereits in elf Einzelfällen eine Ablehnung gegeben. Die Bundesregierung macht aber auch klar: Einen generellen Rüstungsstopp in die Türkei werde es nicht geben. "Da es eine Einzelfallentscheidung war, kann man es nicht pauschalisieren", sagte die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums Beate Baron.
Das Wirtschaftsministerium verbot offenbar den Export von Handfeuerwaffen, Munition sowie Teilen zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern. Die Bundesregierung lobte sich selbst für die "restriktivste Waffenexportpolitik, die wir jemals in der Bundesregierung hatten".
Kritiker: Waffenlieferungen an die Türkei ganz stoppen!
"Das ist ein erster, richtiger Schritt", sagte van Aken der "SZ". "Und der nächste muss sein, dass die Türkei keinerlei Waffen aus Deutschland bekommt." Die türkische Regierung führe Krieg "im eigenen Land und in Syrien" und trete "immer diktatorischer" auf. Darüber hinaus zeige der Vorgang, dass auch NATO-Staaten Waffenlieferungen versagt werden könnten. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: "Auch für Nato-Mitglieder gelten menschenrechtliche und demokratische Standards, die die Türkei derzeit massiv verletzt." Kritik wurde auch wieder laut an einem geplanten Geschäft des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Das Unternehmen will künftig in der Türkei Panzer produzieren.
Die deutsch-türkischen Beziehungen sind schon jetzt extrem angespannt, weil Wahlkampfauftritte türkischer Minister untersagt wurden. Präsident Recep Tayyip Erdogan erneuerte trotz einer Drohung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seine Faschismus-Vorwürfe. Am 16. April entscheiden die Türken in einem Referendum über eine Verfassungsreform, die Erdogan deutlich mehr Macht verleihen würde. Die türkische Seite hat auf das Verbot der Waffenlieferung bislang noch nicht reagiert.