10 Höhepunkte des Münchner Filmfests
4. Juli 2018Für die allermeisten Zuschauer ist ein Filmfestival ein Fest des Kinos. Hier kann man Filme sehen, die bisher noch nicht im normalen Kinoalltag im Einsatz waren, auch Arbeiten von Regisseuren, die es möglicherweise gar nicht erst ins Kino schaffen. Das hat nur selten mit der Qualität der Filme zu tun. Oft findet sich im Kinoalltag einfach kein Platz für solche Filme.
Wenn in einer durchschnittlichen deutschen Stadt über die Hälfte aller Kinoleinwände von drei bis vier amerikanischen Blockbustern blockiert werden, dann bleibt einfach nicht mehr genügend Raum für Filme aus Italien oder China, aus Argentinien oder Australien. Filmfestivals füllen seit Jahren diese Lücken.
Filmfestival München zeigt das Werk von Lucretia Martel
Auch München füllt dieses Vakuum, indem das Festival auf Filme aus Kinonationen setzt, die sonst im Programmalltag eher spärlich vertreten sind. Ein Beispiel hierfür ist die argentinische Regisseurin Lucrecia Martel, der die diesjährige Retrospektive gewidmet ist. Martel, die zu den wichtigsten Filmemacherinnen Südamerikas zählt, stellt ihr Werk in diesen Tagen persönlich in München vor.
Südamerikanische Frauenpower im Kino, dazu mit persönlichen Anekdoten gewürzt, dieser Mix ist wie gemacht für ein Festival. Die Filme Lucrecia Martels eröffnen dem Zuschauer seltene sinnliche Eindrücke vom Leben in Argentinien: geheimnisvoll und surreal, aber auch ganz nah am Alltag und am Puls der Gesellschaft.
Filmfestivals sind aber auch dazu da, Filmprojekte vorzustellen, die noch gar nicht ganz fertig sind. Oder auch Serien. Die Macher des neuen Großprojekts "Das Boot" nutzten das Münchner Festival, um über die Ausstrahlung der Serie im Herbst zu berichten. Über 26 Millionen Euro Produktionskosten hat "Das Boot" verschlungen, produziert wurde die Serie von "Sky Europa", "Bavaria" und Sonar Entertainment" - ein Riesenbudget, das nur im Zusammenspiel von drei potenten Produktionsfirmen möglich war.
Der Anbieter "Sky" kommt mit dem zweiten großen deutschen Serienprojekt
Acht Teile kommen auf die Zuschauer zu - zumindest auf die, die den Bezahlsender "Sky" abonniert haben. Dort wird "Das Boot" ab Herbst zu sehen sein, nach "Babylon Berlin" also die zweite große deutsche Serie, mit der "Sky" auf dem hiesigen Markt Fuß fassen will. Dabei hat "Das Boot" sogar noch einen Vorteil, wie die Produzenten in München versicherten. Es ist schon als "Marke" eingeführt: Den oscarprämierten Film (und die TV-Fassung) von Wolfgang Petersen aus dem Jahre 1981 dürften die meisten Zuschauer kennen.
Man habe aber nie eine Fortsetzung oder eine Neuverfilmung des alten Stoffes geplant, versicherte in München auch Regisseur Andreas Prochaska. Man habe sich nur "inspirieren" lassen. Die Geschichte, die im neuen "Boot" erzählt wird, setzt neun Monate nach den filmischen Ereignissen des Petersen-Films im Jahre 1942 ein. Und sie spielt auch nicht nur im U-Boot.
Das neue "Boot" wendet sich auch an ein weibliches Publikum
Auch aus dem einfachen Grund, um ein breiteres Publikum anzusprechen. 1981 sei der Film "Das Boot" doch eher ein Männerfilm "mit vielen schwitzenden Männerkörpern unter Deck" gewesen, so die Produzenten. Das neue Projekt erzählt seine Geschichte dagegen in zwei Handlungssträngen. Einer davon spielt an Land - und hat eine weibliche Protagonistin im Zentrum, gespielt von der deutsch-luxemburgischen Schauspielerin Vicky Krieps, die in München über ihre Dreherfahrungen berichtete.
Und so stehen nicht nur die Erlebnisse der U-Boot-Besatzung im Mittelpunkt der Serie. Die deutsche Besatzung durch die Nationalsozialisten in Frankreich, der französische Widerstand, das Verhalten der deutschen Soldaten und eben einer deutschen Übersetzerin (Vicky Krieps), all das soll der Serie inhaltlich einen erweiterten Blickwinkel verleihen.
Krieps ist die wohl bekannteste Darstellerin im Boot-Ensemble, das auf viele neue, junge Gesichter setzt. Die Dreharbeiten fanden in Prag, im französische La Rochelle, auf Malta und in den Münchner Bavaria Studios statt. 105 Drehtage habe man gebraucht, eine wahrhafte Herausforderung für das Team, so Regisseur Prochaska.
Die Musik Doldingers als Brückenbauer
Geschichte und Darsteller, Handlung und natürlich auch Regie, Drehbuch und Produktion, all das ist also neu. Nur eine "Brücke" vom alten zum neuen "Boot" habe man sich gegönnt, war vom Produktions-Team in München zu hören: die Musik.
Als Überraschungsgast der Serien-Präsentation beim Münchner Filmfestival wurde der Komponist Klaus Doldinger begrüßt. Der erzählte launig von seinen Erfahrungen von damals und beglückwünschte die Produktion zu ihrem jetzigen Konzept, mit der Serie "Das Boot" etwas ganz Neues zu wagen - außer eben der Musik.
Mehr zum Filmfest München auch in der neuen Ausgabe von KINO.