10 Jahre Dosenpfand
15. Februar 2013Als 2003 die rot-grüne Bundesregierung das Einwegpfand-System beschloss, hagelte es Kritik von allen Seiten. Handelskonzerne und Getränke-Unternehmen befürchteten durch das Gesetz einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden und zogen bis vor das Bundesverfassungsgericht, um das "Zwangspfand" zu verhindern. Der damalige Umweltminister Jürgen Trittin musste sich aber auch gegen Angriffe von Umweltschützern wehren, die im Einwegpfand eine Bedrohung für das Mehrwegsystem sahen.
"Vermüllung der Landschaft stoppen"
Jürgen Trittin setzte das Pflichtpfand für Einwegverpackungen 2003 durch. "Es ging darum, die Vermüllung der Landschaft zu stoppen, das Recycling zu verbessern und das Mehrweg-System zu schützen", fasst Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, die Ziele des Gesetzes zusammen. "Der überragende Erfolg ist, dass nicht mehr zwei bis drei Milliarden Getränkedosen und Plastikflaschen pro Jahr in die Landschaft geworfen werden.", betont Resch im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Der Wermutstropfen dabei: Die Mehrweg-Quote sank auf unter 50 Prozent. Ist damit nicht das Dosenpfand-Gesetz sinnlos? Nein, sagt Jürgen Resch, denn ohne das Gesetz wäre die Quote noch schlechter. "Was passiert, wenn wir kein Pfand hätten, sehen wir bei den Fruchtsäften. Bei dieser Getränkegruppe, auf die kein Pfand erhoben wird, liegt der Mehrweg-Anteil bei ganzen sechs Prozent."
Ohne Pfand kein fairer Wettbewerb
Um die Mehrweg-Quote zu steigern, gibt es für Resch vor allem ein Mittel: "Alle Einwegflaschen sollten mit einem Pfand belegt werden." Dadurch werde Wettbewerbsgleichheit geschaffen. Denn die Anbieter von Wegwerf-Verpackungen könnten die Verbraucher nicht mehr mit dem Vorteil der Bequemlichkeit locken.
Vom System ohne Pfand würden bisher vor allem die Großanbieter profitieren. "Wenn man in Deutschland die vielen kleinen Mineralbrunnen, Brauereien und Fruchtsaftabfüller schützen will, dann muss man an der Preisschraube drehen." Außerdem dürfe man den Umweltaspekt nicht aus dem Auge verlieren, betont Resch, "Wenn Sie betrachten, wie derzeit über die Vermüllung der Nord- und der Ostsee mit Plastikflaschen und anderen Plastikabfällen berichtet wird, dann verstehen sie die Notwendigkeit, dass diese Verpackungen nicht aus Achtlosigkeit im Meer landen dürfen und die Ökosysteme gefährden."
Flaschenbier bleibt - die Dose ist weg
In einem Punkt war das Pfandgesetz ausgesprochen effektiv. Dosen aus Aluminium oder Weißblech sind aus den meisten Verkaufsregalen verschwunden. Die Händler hätten sich aus Kostengründen dafür entschieden, sagt Gerhard Kotschik, Experte für Verpackungen und Verpackungsverordnungen im Bundesumweltamt. "Das Gesetz schreibt vor: Wer pfandpflichtige Dosen verkauft, muss alle, auch die von der Konkurrenz, zurücknehmen. Ebenso wie bei Glas und Plastik." Weil es einfacher sei, hätten sich viele Geschäfte deshalb für nur ein System entschieden, in den meisten Fällen für Plastik. Auch wenn die Mehrweg-Quote insgesamt zurückgegangen ist, eine Ausnahme gibt es: das Bier in Glasflaschen. Der Mehrweganteil stieg sogar auf rund 90 Prozent. "Beim Bier wird die Plastikverpackung nicht angenommen, anders als bei Wasser und Fruchtsaft.", konstatiert Kotschik.
Veränderte Lebens- und Einkaufsgewohnheiten
Der Verpackungsexperte des Bundesumweltamtes vertritt auch die Meinung, dass ohne das Dosenpfand-Gesetz der Mehrweganteil noch weit geringer wäre. Kotschick weist darauf hin, dass der gestiegene Absatz der Wegwerf-Verpackungen auf mehrere Trends und gesellschaftliche Entwicklungen zurückzuführen sei. Immer mehr Menschen würden alle Dinge für den täglichen Bedarf in einem Geschäft kaufen und damit auch Wasser, Bier und Fruchtsaft. Zuvor seien sie dafür in einen Getränkemarkt gegangen. Letztlich spiele auch die Bevölkerungsentwicklung eine Rolle. Denn für ältere Menschen sei es einfacher, leichtere Plastikverpackungen nach Hause zu tragen, als Glasflaschen.
Der Verbraucher soll entscheiden können
Damit die Verbraucher in Deutschland wieder mehr zur umweltfreundlichen Mehrwegflasche greifen, hat das Bundeskabinett jetzt beschlossen, dass in Supermärkten und Discountern eindeutige Hinweisschilder für mehr Klarheit sorgen sollen. "Wir haben festgestellt, dass viele Menschen nicht zwischen Wegwerf- und Mehrwegverpackungen unterscheiden können," erklärt Experte Kotschick. Für Plastikflaschen mit Wasser und Erfrischungsgetränken in Discountern wird zwar auch ein Pfand erhoben, wodurch sie meist zurückgebracht werden und recycelt werden können. Aber diese Flaschen werden eingestampft und neu produziert. Mehrwegflaschen haben eindeutig die bessere Ökobilanz. Sind sie aus Glas, werden sie bis zu 50 Mal wieder befüllt. Das verbraucht weniger Energie und verursacht weniger Abfälle. Die Regierung setzt also auf die Verantwortung der Verbraucher. Ab 2014 soll die Kennzeichnungspflicht bundesweit gelten.