110-jähriger Afghane flüchtet nach Deutschland
30. September 2015Abdul Quader Azizi aus Baghlan in Afghanistan hat einen Platz in den Geschichtsbüchern: Der Mann ist mit 110 Jahren der wohl älteste Flüchtling der Welt. Am Montag wurde er auf einem Krückstock gestützt zusammen mit acht weiteren Familienmitgliedern in der Innenstadt von Passau aufgegriffen, wie die Bundespolizei jetzt mitteilte. Seine 60-jährige Tochter Salfema (auf dem Artikelbild neben ihrem Vater) sagte, ihr tauber und blinder Vater sei am 1. Januar 1905 geboren.
Dem Greis geht es gut
Überprüfen lässt sich das Alter nur schwer. In Afghanistan ist es üblich, als Geburtstag jeweils den 1. Januar anzugeben. Ausweise hatten die Flüchtlinge nicht dabei. "Selbst wenn der Mann nur über 90 Jahre wäre - und das ist er sicher - wäre die Flucht eine erstaunliche Leistung", sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Gesundheitlich geht es Azizi dem Beamten zufolge gut. Er habe keine medizinische Versorgung gebraucht.
5500 Kilometer Fluchtweg
Rund 5500 Kilometer dürfte die Familie zusammen mit dem Greis zurückgelegt haben, überwiegend zu Fuß, wie die Tochter angab. Dabei sei ihr Vater meist von den Männern getragen worden. Insgesamt gehören zu der Familie drei Männer, zwei Frauen und vier Kinder aus vier Generationen. Ihre Flucht begründete die Tochter damit, dass die radikal-islamischen Taliban drei ihrer Brüder getötet hätten und die Gegend um ihren Heimatort Baghlan zunehmend unsicher geworden sei. Ein Dolmetscher hielt die Angaben der Familie für glaubhaft.
Nach einer Nacht in der Erstaufnahmeeinrichtung im niederbayerischen Deggendorf fuhr die Familie mit dem Zug entsprechend dem Verteilsystem für Flüchtlinge zu einer Unterkunft ins hessische Gießen. Der angeblich 110-jährige muss offenbar das ganze Asylverfahren durchlaufen. "Es gibt grundsätzlich keine Ausnahmeregelungen für Asylsuchende ab einem bestimmten Alter", sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg dem Evangelischen Pressedienst.
wl/se (dpa, epd, kna)