1200 Jahre Corvey - Kloster, Schloss, Welterbe
Corvey in Nordrhein-Westfalen hat seine Ursprünge als Kloster im Mittelalter. Erhalten ist davon einzig das Karolingische Westwerk. Die UNESCO-Welterbestätte Corvey feiert nun sein 1200-jähriges Bestehen.
Westwerk
Mit der Civitas und dem Westwerk aus dem 9. Jahrhundert hatte sich Corvey 2014 erfolgreich um den Welterbe-Titel beworben. Der quadratische Zentralbau mit Doppelturm ist das älteste erhaltene Westwerk überhaupt. Es bildet den vorgelagerten Abschluss des Kirchenbaus nach Westen. Im 16. Jahrhundert wird es um die beiden Turmhelme ergänzt.
Gründung
Am Ufer der Weser erbauen französische Benediktinermönche im Jahr 822 das Kloster Corvey. 14 Jahre später werden die Reliquien des heiligen Vitus von Paris nach Corvey überführt. Das Benediktinerkloster wird Wallfahrtsort und steigt zu einem der bedeutendsten Klöster des Mittelalters auf.
Siedlung
Die Inschriftentafel aus der Gründungszeit des Klosters verweist darauf, dass im Umfeld der Kirche eine Stadt gegründet wurde. Sie wird im 12. Jahrhundert zerstört. Archäologen haben Stichproben ausgegraben: Die Siedlung ist unterirdisch erhalten geblieben. Die Civitas Corvey gilt als eines der wenigen fast unberührten Bodendenkmäler einer ganzen mittelalterlichen Stadt.
Eingangshalle
Den Eingang zum Westwerk bildet die überwölbte Halle im Erdgeschoss. Säulen und Pfeiler tragen das Obergeschoss mit dem Hauptraum. Seine Architektur macht Corvey zu einem der prägnantesten Beispiele der karolingischen Renaissance, der Erneuerung der Baukunst seit Karl dem Großen ab dem 9. Jahrhundert.
Kaiserlaube
Die große Arkade auf der Galerie im Obergeschoss ist das Herzstück des Westwerks: Einst thronten hier in der Kaiserlaube die deutschen Könige und Kaiser während Gottesdiensten und Reichstagen. Sie überblickten dabei den gesamten Kirchenraum. Kloster Corvey diente ihnen als Zentrum der Missionierung im Norden und als Stützpunkt ihrer weltlichen Macht.
Fresken
Wie kunstvoll die Ausmalung des Westwerks gewesen sein muss, lässt sich an den wenigen erhaltenen Fresken aus karolingischer Zeit erkennen. Sie zeigen Akanthusranken und Motive aus der griechischen Mythologie wie den Kampf zwischen Odysseus und dem Meeresungeheuer Skylla. Seit Karl dem Großen wird in Klöstern die Kultur der Antike überliefert und das Wissen aufgeschrieben.
Barockkirche
Die karolingische Kirche wird im Dreißigjährigen Krieg stark zerstört. Nur das Westwerk bleibt erhalten. Ab 1667 wird die baufällige Kirche durch einen Neubau ersetzt, der im Stil des Barock ausgestaltet ist. Eine Reminiszenz an den Vorgängerbau ist das im gotischen Stil gestaltete Langhaus mit dem Rippengewölbe.
Schloss
Auch die anderen Klosterbauten werden im Dreißigjährigen Krieg stark zerstört. 1671 wird das Kloster als barocke Residenz wiederaufgebaut. Erst mit der Säkularisation 1794 löst sich die Glaubensgemeinschaft des Klosters auf. Vierzig Jahre später kommt Corvey in Besitz der Herzoglichen Familie von Ratibor, die heute ihren Hauptwohnsitz in der barocken Schlossanlage hat.
Bibliothek
Im Mittelalter verfügte Corvey über wertvolle Handschriften. Von ihnen ist in Corvey nichts erhalten geblieben. Die heutige Schlossbibliothek wurde erst im 19. Jahrhundert angelegt und umfasst 75.000 Bücher. Ihr berühmtester Bibliothekar war der Dichter August Hoffmann von Fallersleben, dessen Arbeitszimmer im Schloss besichtigt werden kann.
Grab
August Hoffmann von Fallersleben verbrachte die letzten 14 Lebensjahre auf Schloss Corvey. Hier ist er auch begraben, auf dem Friedhof der Abteikirche. Berühmt ist von Fallersleben als Dichter des Deutschlandlieds, dessen dritte Strophe heute die deutsche Nationalhymne ist.
Sehenswürdigkeit
Heute ist das Schloss Corvey wie im 19. Jahrhundert im Besitz der Herzoglichen Familie von Ratibor, die barock ausgestattete Abteikirche gehört der katholischen Kirchengemeinde Sankt Stephanus und Vitus. Bereits vor der Ernennung zum Welterbe zählte die Anlage jährlich bis zu 100.000 Besucher.