Russische Militärs in Kiew verurteilt
18. April 2016Am Ende konnte es für die Ukraine nicht schnell genug gehen. Der seit November laufende Prozess gegen zwei russische Militärs wirkte in den letzten Tagen deutlich beschleunigt. Das Holosijiwski Bezirksgericht in der Hautstadt Kiew verurteilte am Montagnachmittag Ewgeni Jerofejew und Alexander Alexandrow unter anderem wegen Terrorismus zu 14 Jahren Haft. Dabei blieben die Richter ein Jahr unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß. Die Strafverteidiger rechneten mit einem Urteil frühestens Anfang Mai. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die zwei Russen, beide um die Dreißig, als russische Armeeoffiziere in der Ostukraine auf der Seite der prorussischen Separatisten gekämpft haben.
Der Prozess wurde zuletzt von einem Todesfall überschattet und verzögerte sich. Im März wurde der Anwalt von Alexandrow, Juri Hrabowski, in der Ukraine entführt und ermordet. Die Hintergründe sind bis heute unklar. Später haben Unbekannte das Büro des vorsitzenden Richters in Kiew mit Molotow-Cocktails beworfen und in Brand gesteckt.
Austausch rückt näher?
Die Eile der ukrainischen Justiz hatte wohl mit einem international kritisierten Prozess in Russland zu tun, der Ende März zu Ende ging. Dort wurde die ukrainische Kämpferin und Militärpilotin Nadija Sawtschenko wegen Beihilfe zum Mord an zwei russischen Journalisten in der Ostukraine zu 22 Jahren Haft verurteilt. Sie bestreitet die Vorwürfe und gilt in ihrer Heimat als eine Symbolfigur.
Seit rund zwei Jahren bemüht Kiew sich um ihre Freilassing und möchte sie nun gegen Jerofejew und Alexandrow austauschen. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko stellte einen solchen Austausch immer wieder in Aussicht. Sawtschenko befinde sich in einem Hungerstreik, ihr gesundheitlicher Zustand drohe kritisch zu werden, teilten ihre Anwälte neulich mit.
Nach der Urteilsverkündung rückt der mögliche Austausch näher, doch Russland äußerste sich dazu zunächst nicht. Viel dürfte davon abhängen, ob es eine Berufung geben wird. Sawtschenko verzichtete ihrerseits auf die Berufung in Russland, offenbar um den Austausch zu beschleunigen.
Festnahme bei Gefecht
Jerofejew und Alexandrow wurden am 16. Mai 2015 in der Nähe der ostukrainischen Kleinstadt Schastja von ukrainischen Armeeeinheiten während eines Gefechts festgenommen. Bei diesem Gefecht starb ein ukrainischer Soldat - vermutlich durch die Kugeln russischer Kämpfer. Die beiden wurden auch verwundet.
Schastja liegt bei der Separatistenhochburg Luhansk, weniger als eine Autostunde von der russischen Grenze entfernt. Nach ihrer Festnahme gaben der Kapitän Jerofejew und der Sergeant Alexandrow sowohl gegenüber den Ermittlern, als auch in zahlreichen Interviews zu, Offiziere einer Sondereinheit aus der südrussischen Stadt Togliatti zu sein. Später widerriefen sie ihre Geständnisse und sagten, sie hätten diese unter Druck gemacht. Die russische Armee teilte mit, die zwei Männer seien Monate vor ihren Festnahmen in der Ostukraine aus dem Dienst ausgeschieden. Die beiden seien als freiwillige Milizen in der Ostukraine unterwegs gewesen, hieß es von den Separatisten.
Kein Kriegsgefangenenstatus
Für Kiew sind Jerofejew und Alexandrow die bisher hochrangigsten russischen Militärs, die in der Ostukraine gefangen genommen wurden. Sie sind aus ukrainischer Sicht auch ein weiterer Beweis für Russlands militärische Präsenz in der Ostukraine, was Moskau stets bestreitet. Einer der Anklagepunkte lautete deshalb: "wegen eines aggressiven Krieges".
Vor diesem Hintergrund war der Status der Festgenommenen umstritten. Die Anwälte bestanden vor Prozessbeginn auf dem Kriegsgefangenenstatus. Die Ukraine hätte sie in diesem Fall gar nicht verurteilen dürfen. Doch das Gericht entschied sich dagegen. Offiziell gibt es keinen Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Die Regierung in Kiew hat den bewaffneten Konflikt in der Ostukraine als eine Antiterror-Operation, kurz ATO eingestuft.