17 EU-Staaten schicken russische Diplomaten nach Hause
26. März 2018- Die USA schicken 60 russische Geheimdienstmitarbeiter außer Landes
- 17 EU-Staaten weisen ebenfalls Diplomaten aus
- Russland kündigt Vergeltungsmaßnahmen an
Mehrere Staaten des Westens gehen gleichzeitig gegen russische Diplomaten in ihren Ländern vor. Die USA weisen 60 russische Geheimdienstmitarbeiter aus. Außerdem werde das russische Konsulat in Seattle geschlossen, gab das Weiße Haus bekannt. Zwölf der Personen seien bei den Vereinten Nationen in New York stationiert, hieß es weiter. Wie alle anderen hätten sie nun sieben Tage Zeit, das Land zu verlassen. Auch Kanada erklärte sich solidarisch und weist drei Diplomaten aus.
Die Aktionen wurden mit Großbritannien und weiteren Verbündeten koordiniert. Wie EU-Ratspräsident Donald Tusk bekanntgab, weisen auch 15 EU-Länder russische Diplomaten aus, darunter Frankreich, Italien, die Niederlande, Dänemark, Polen und Tschechien. Inzwischen kamen zwei weitere EU-Länder dazu. Norwegen, das kein EU-Mitglied ist, Albanien, Mazedonien, die Ukraine und Kanada reagierten ebenfalls und erklärten mehrere Vertreter Russlands zu unerwünschten Personen.
"Größte Ausweisung russischer Diplomaten"
Nach Angaben der britischen Premierministerin Theresa May handelt es sich um die größte gemeinschaftliche Ausweisung russischer Diplomaten in der Geschichte. Insgesamt seien davon mehr als 100 Personen betroffen, sagte May im Londoner Parlament. Großbritannien selbst hatte zuvor bereits 23 russische Diplomaten des Landes verwiesen. "Das Vereinigte Königreich wird Schulter an Schulter mit der EU und der NATO stehen, um diesen Drohungen die Stirn zu bieten", sagte May.
Die Vereinigten Staaten erklärten, der Giftmordversuch auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien werde als Angriff auf Sicherheit und Stabilität des engsten US-Verbündeten gewertet. Die Ausweisungen aus den USA zielten auf russische Agenten, die in hohem Maße damit beschäftigt seien, "aggressiv Informationen zu sammeln". Russland habe derzeit deutlich mehr als 100 Agenten in den USA.
Wie das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, verweist Deutschland vier russische Diplomaten des Landes. Nach dem Giftanschlag von Salisbury trage Russland noch immer nicht zur Aufklärung bei, teilte das Ministerium im Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Der Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, sprach gegenüber der Deutschen Welle von einem Zeichen der Solidarität mit Großbritannien. Die gemeinsame Reaktion der Länder sei richtig, weil Moskau sich gegen eine Aufklärung des Giftanschlags von Salisbury sperre. Es liege am russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Situation zu deeskalieren und an der Aufklärung des Verbrechens mitzuwirken. Der Gesprächsfaden sollte nicht abreißen, betonte Habeck.
Moskau kündigt Vergeltungsmaßnahmen an
Russland verurteilte die Ausweisungen scharf und kündigte Vergeltungsmaßnahmen an. Nach Angaben des Vizechefs des Außenausschusses des russischen Oberhauses, Wladimir Dschabarow, wird Moskau mit ähnlichen Maßnahmen reagieren. Der russische Botschafter in Washington, Anatoly Antonow, kritisierte die westlichen Staaten und sprach von einer falschen Entscheidung. Mit diesem Schritt werde "das Wenige zerstört, das von den russisch-amerikanischen Beziehungen übrig ist".
Großbritannien beschuldigt Russland, hinter dem Attentat auf Skripal zu stecken. Auch mehrere westliche Staaten vermuten Moskau mit "hoher Wahrscheinlichkeit" hinter dem Anschlag. Der Kreml weist die Vorwürfe zurück und fordert Beweise. Solche Beweise - oder eher Indizien - hatte London bisher neben der internationalen Chemiewaffen-Behörde OPCW nur seinen engsten Verbündeten - den USA, Deutschland und Frankreich - vorgelegt. Diese stellten sich daraufhin an die Seite Großbritannien.
Skripal verriet Dutzende russische Agenten an Großbritannien
Der 66-jährige Ex-Doppelagent und seine 33 Jahre alte Tochter waren am 4. März in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben. Ursache ihrer Vergiftung ist nach britischen Angaben das Nervengift Nowitschok. Der Nervenkampfstoff wurde Ende der achtziger Jahre in der damaligen Sowjetunion im Auftrag der Regierung entwickelt. Nowitschok (übersetzt: Neuling), gilt als eines der gefährlichsten Gifte, die je hergestellt wurden.
Skripal hatte Dutzende russische Agenten an den britischen Geheimdienst verraten, bevor er 2004 in Moskau inhaftiert wurde. 2006 wurde er zu 13 Jahren Haft verurteilt. 2010 fand er dann in Großbritannien Zuflucht, nachdem er im Austausch gegen russische Spione auf freien Fuß kam.
hf/jj (dpa, afp, rtr, ap)