18 Prozent Inflation in der Türkei
3. September 2018Die Lira-Krise treibt die Inflation in der Türkei immer weiter in die Höhe. Im August seien die Verbraucherpreise im Jahresvergleich um 17,9 Prozent gestiegen, teilte das Statistikamt am Montag in Ankara mit. Dies ist die höchste Teuerungsrate seit September 2003 und übertrifft die Befürchtungen von Analysten. Im Juli hatte die Rate bei 15,85 Prozent gelegen.
Ein Experte der Commerzbank meint, es könnte noch schlimmer kommen. "Vor den Ereignissen im August sah unser Basisszenario eine Inflationsbeschleunigung auf rund 18 Prozent in den kommenden Monaten vor", sagte Commerzbank-Analyst Tata Ghose. "Jetzt halten wir 25 bis 30 Prozent bis Ende 2018 für wahrscheinlich."
Zentralbank will handeln
Experten sind sich einig, dass nur eine konsequente Zinserhöhung durch die türkische Zentralbank den Wertverfall der Währung stoppen könnte. Am Montag signalisierte die türkische Notenbank ihre Bereitschaft zum Handeln. "Die Zentralbank wird die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Preisstabilität zu unterstützen", hieß es. Man werde daher die Geldpolitik bei der am 13. September anstehenden Notenbanksitzung an die jüngste Entwicklung anpassen.
Ob das bedeutet, dass die Bank die Leitzinsen erhöhen wird, blieb unklar. Sie hatte monatelang gezögert, weil Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Zinsen entgegen der gängigen Wirtschaftslehre nicht als Instrument gegen Inflation sieht, sondern als einen Treiber betrachtet. Bisherige Reaktionen der Zentralbank nannten Experten zu zaghaft. Sie hat unter anderem die Reserve-Anforderungen an bestimmte Währungsgeschäfte angehoben und Banken zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte sowie Möglichkeiten zum Leihen von Fremdwährungen angeboten.
Auslöser: Querelen mit den USA
Durch die hohe Inflation schwächte sich der Kurs der Landeswährung Lira weiter ab. Sie hat seit Jahresbeginn mehr als 40 Prozent zum Dollar verloren. Damit werden Importe teurer, was wiederum die Inflation anheizt. Im August kam es zu einem besonders rasanten Absturz der Währung auf neue Rekordtiefs zum Euro und Dollar. Ein Euro war zwischenzeitlich mehr als 8 Lira wert, zum Jahresbeginn waren es noch 4,5 Lira. Eine nachhaltige Erholung gab es bislang nicht. Mit höheren Zinsen könnte die Währung wieder attraktiver für Anleger gemacht und der Kurs gestützt werden.
Auslöser für den Absturz war unter anderem ein Streit mit den USA wegen der Inhaftierung eines US-Pastors in der Türkei. Beide Länder haben deswegen Sanktionen gegeneinander verhängt. Zudem sehen Investoren die Unabhängigkeit der türkischen Notenbank in Gefahr. Langfristig machen der Türkei hohe Außenhandelsdefizite, hohe Auslandsschulden sowie steigende Zinsen in den USA zu schaffen.
iw/hb (dpa, rtr)