2019: Droht Trump die Amtsenthebung?
26. Dezember 2018Wird sich Donald Trump 2019 anders verhalten als bisher? Wahrscheinlich nicht. Wird sich seine Politik 2019 ändern? Auch das ist kaum zu erwarten. Aber könnte das jetzt von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus, gestützt auf die Untersuchungsergebnisse des Sonderermittlers Robert Mueller, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstrengen? "Ich halte das für wahrscheinlicher, als dass ein solches Verfahren nicht kommt", prognostiziert Allan Lichtman, Politikwissenschaftler an der American University in Washington.
Der Historiker, der in den vergangenen 30 Jahren den Ausgang aller Präsidentschaftswahlen richtig voraussagte, wurde zu einem Medienstar, als er - entgegen aller anderen Einschätzungen - schon früh Trumps Sieg bei den US-Wahlen 2016 prognostizierte.
Jetzt ist Lichtman überzeugt, dass der Präsident ab 2019 und für den Rest seiner Amtszeit um sein Amt kämpfen muss. Einen Kampf, den er wohl verlieren wird.
Bis jetzt konnte Trump auf einen republikanisch kontrollierten Kongress setzen, der ihn vor einem Amtsenthebungsverfahren bewahrte. Doch mit den Zwischenwahlen Anfang November haben sich die Vorzeichen komplett gedreht, die Demokraten haben jetzt im Repräsentantenhaus über 30 Sitze mehr. Es reicht aber schon eine Mehrheit von einer einzigen Stimme für ein Verfahren. Lange Zeit war das Thema Impeachment graue Theorie, nun könnte es Realität werden.
Impeachment wird immer wahrscheinlicher
Am 3. Januar 2019 versammelt sich das Repräsentantenhaus zum ersten Mal unter der neuen Führung der Demokraten. Lange Zeit hatten Top-Demokraten alle Forderungen nach einem Impeachment von der sogenannten Anti-Trump-Widerstandsbewegung heruntergespielt und ebenso den Wunsch einiger Abgeordneter nach einer härteren Haltung gegenüber Trump. Doch nun könnte der Druck steigen, endlich zu handeln. "Wenn Mueller ein paar handfeste Beweise gegen Trump bringt, wird die demokratische Basis eine Anklage verlangen", prophezeit Lichtman. "Ich glaube, Trump ist in großer Gefahr durch den Mueller-Bericht."
Lichtman ist sicher, dass Mueller eine Vielzahl von Informationen in der Hand hat, die die Beziehungen zwischen Trumps innerem Zirkel und Russland belegen werden. Was eine Manipulation der Wahlen von 2016 und damit einen Anschlag auf die Demokratie beweisen würde. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mueller all diese Arbeit investiert, um dann zu keinem Ergebnis zu kommen. Ich rechne eher mit einigen sehr schwerwiegenden Erkenntnissen in Bezug auf die russische Unterstützung für die Trump-Kampagne."
Was machen die Republikaner?
Aber Lichtman ist nicht nur davon überzeugt, dass es ein Verfahren gegen Trump geben wird. Der Politikwissenschaftler hält es auch für sehr gut möglich, dass der US-Präsident dann tatsächlich aus dem Amt entfernt wird - was viele andere Experten immer noch für unwahrscheinlich halten. Dazu müsste es allerdings eine Zweidrittelmehrheit im republikanisch dominierten Senat geben. Eine beträchtliche Anzahl von Republikanern müsste also dafür stimmen, den eigenen Präsidenten zu stürzen.
"Dieses Szenario ist nicht so unrealistisch wie es vielleicht klingt", erklärt Lichtman. Da seien ja nicht nur die belastenden Informationen des Mueller-Berichts, sondern auch Trumps Politik, die langsam auch von den Republikanern ihren Tribut fordert, wie die Midterm elections gezeigt haben. Um bei den Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2020 nicht weiter abzustürzen, könnten sich viele republikanische Abgeordnete von Trump abwenden.
Mike Pence, nicht Nancy Pelosi
"Trump könnte sein Amt verlieren, wenn die Republikaner fürchten, mit ihm unterzugehen", so Lichtman. "Sie sind Trump gegenüber nicht loyal. Wenn die Republikaner fürchten, ihre Basis zu verlieren und sie den Präsidenten dafür verantwortlich machen, könnten sie ihn fallen lassen." Einflussreiche Republikaner würden sich die weitere Entwicklung ganz genau ansehen und ihre Unterstützung für Trump davon abhängig machen.
"Die Republikaner haben Richard Nixon unterstützt, bis die Beweise so erdrückend wurden, dass er eine enorme Belastung für sie war", erläutert der Politikwissenschaftler mit einem Blick in die Vergangenheit, "Ich sage nicht, dass Trump nicht überleben wird, aber ich halte es für unwahrscheinlich." Denn eins dürfe man bei allen Spekulationen nicht vergessen, lautet Allan Lichtmans Fazit: "Wenn Trump gehen muss, dann wird nicht die Demokratin Nancy Pelosi neue Präsidentin, sondern Mike Pence. Also jemand, den viele Republikaner im Kongress gegenüber Trump deutlich bevorzugen!"