28 Jahre Berlin mit und ohne Mauer
Von 1961 bis 1989 teilte die Berliner Mauer die Stadt und die Welt: 28 Jahre, 2 Monate und 27 Tage. Der 5. Februar 2018 markiert den Zeitpunkt, an dem die Mauer genauso lange nicht mehr steht, wie sie existierte.
1961: Erstarren und Entsetzen
Am 13. August 1961 beginnt die DDR damit, die Grenze des sowjetischen Sektors in Berlin abzuriegeln. Alle Verbindungen zwischen Osten und Westen werden getrennt. In den nächsten Wochen folgt der Aufbau einer Mauer aus Betonelementen, die wie hier entlang der Zimmerstraße in Kreuzberg anfangs eine geringe Höhe hat. Als Schutz vor dem Überklettern der Mauer dienen Metall-Abweiser mit Stacheldraht.
1962: Wahrzeichen hinter Stacheldraht
Die Teilung Berlins markiert zugleich die Teilung der Welt in Ost und West. Der "Eiserne Vorhang" ist endgültig geschlossen. Ehepartner, Familien, Freunde, werden brutal auseinandergerissen. Der "Antifaschistische Schutzwall", wie die Kommunisten die Mauer nennen, soll aber keineswegs vor Eindringlingen schützen, sondern das eigene Volk an der Flucht hindern - auch am Brandenburger Tor.
1962: Frühes Maueropfer
Gut ein Jahr nach Errichtung der Berliner Mauer versucht der 18-jährige Peter Fechter sie zu überklettern. Als er oben angelangt ist, schießen DDR- Grenzsoldaten. Getroffen, fällt Fechter zurück auf Ostberliner Gebiet. Fast eine Stunde bleibt er im Todesstreifen liegen, schreit um Hilfe. Schließlich transportieren Grenzsoldaten den Verblutenden ab, der nachmittags stirbt. Die Welt ist entsetzt.
1963: Besuch eines Hoffnungsträgers
Am 26. Juni 1963 besucht der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy die zerrissene ehemalige Reichshauptstadt und lässt seinen Blick über Mauer und Todesstreifen schweifen. Während seiner Rede vor dem Schöneberger Rathaus sagt er den legendären Satz "Ich bin ein Berliner". Er stellt klar, dass die USA West-Berlin keinesfalls dem sowjetischen Kommunismus überlassen werden.
1965: Tödliches Niemandsland
Zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz entsteht ein Niemandsland mit zahlreichen Sperrelementen, die im ersten Jahrzehnt das Erscheinungsbild des Grenzstreifens prägen. Dazu gehören die vordere Grenzmauer mit aufgesetztem Stacheldraht, die Höckersperren gegen Durchbrüche mit schweren Fahrzeugen und Stacheldrahtzäune. Die Wachtürme sind überwiegend noch Holzkonstruktionen.
1973: Beiderseitiges Erstarren
Im Osten der Todesstreifen, aber auch West-Berlin wird durch die Mauer geprägt, vor allem die Stadtteile, die unmittelbar an der Sektorengrenze liegen. Im Schatten der Mauer entstehen verwahrloste Brachen und Freiflächen, die als Parkplätze, Müllablagen oder wilde Gärten dienen. Spielende Kinder, Künstler und Autonome nutzen sie hingegen oft als Freiraum für ihre Aktivitäten.
1976: Neuer Mauertyp
Ab 1975 wird die Mauer noch massiver: Die sogenannte "Grenzmauer 75" ist 3,60 Meter hoch. Ein Bautrupp verspachtelt die neu errichteten Betonsegmente, während ein Kran die Rohrauflage setzt. Grenzsoldaten bewachen mit mobilem Sicherungszaun die Arbeiten. Am linken Rand steht noch die ältere Betonschichtmauer. Ein US-Militärpolizist beobachtet 1976 das Schauspiel von der Westseite.
1984: Übertünchtes Monster
Die weiß gestrichene Hinterlandmauer markiert den Beginn des Grenzstreifens von der Ostseite her, während die Thomaskirche im Hintergrund bereits im Westen steht. Die Überwachung beginnt jedoch weit vor dieser Mauer: Mit der sogenannten Hinterlandsicherung kontrollieren Stasi, Grenztruppen und Polizei das Gebiet nahe dem Grenzstreifen. Für den Aufenthalt ist ein Berechtigungsschein erforderlich.
1987: Deutliche Forderung
Im Juni 1987 ist US-Präsident Ronald Reagan zu Besuch. Auf der West-Berliner Seite vor dem Brandenburger Tor hält er eine Rede. Rund 40.000 Menschen bejubeln vor allem seine Sätze "Herr Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor! Reißen Sie diese Mauer nieder!". Ein gutes Jahr zuvor hatte der Kreml-Chef begonnen, mit Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau) neue politische Akzente zu setzen.
1989 - Ein Bild von Freiheit geht um die Welt
Letztlich sind es die eingesperrten Menschen, die sich mit ihrer friedlichen Revolution die Freiheit erkämpfen. Am 9. November 1989 geschieht das Unfassbare: Die Mauer ist offen, das Monster ist tot. Mindestens 101 Menschen haben zwischen 1961 und 1989 auf der Flucht aus der DDR an der Berliner Mauer ihre Sehnsucht nach Freiheit mit dem Leben bezahlt. Doch zuletzt fließt nicht ein Tropfen Blut.
1990: Das Werk der Mauerspechte
Chris Gueffroy (20) war der letzte Flüchtling, der direkt an der Berliner Mauer erschossen wurde - neun Monate vor ihrem Fall. Jetzt ist der ehemals scharf bewachte Grenzstreifen durch die Löcher der Mauerspechte zugänglich geworden. Wie hier direkt am Reichstag lassen die Grenzsoldaten auch Familien durch die löchrig gewordene Mauer in das vormals hermetisch abgeriegelte Sperrgebiet.
1991: Trennendes in neue Wege verwandeln
Im Juni 1990 beginnt der planmäßige Abbau aller noch bestehenden Grenzanlagen. Nicht nur die Grenzmauer, sondern alle Sperrelemente innerhalb des Grenzstreifens sowie die Hinterlandmauer müssen abgerissen werden. Am Nassen Dreieck in Pankow befindet sich eine der Sammelstellen für den Bauschutt. Die geschredderten Reste der Berliner Mauer werden größtenteils im Straßenbau verwertet.
2002: Andacht in der Kapelle der Versöhnung
Die Kapelle der Versöhnung steht genau am Standort der zerstörten Versöhnungskirche. Seit dem Mauerbau lag die Kirche mitten im Grenzstreifen, bis sie im Januar 1985 von der DDR gesprengt wurde. Das Turmkreuz ist bei der Sprengung erhalten geblieben und befindet sich heute auf dem Gedenkstättenareal. In der Kapelle der Versöhnung finden die Andachten für die Opfer an der Berliner Mauer statt.
2014: Licht, wo Schatten war
Heute stehen an nur wenigen Stellen mahnende Reste der Berliner Mauer, die an das tödliche Ungetüm erinnern sollen. Wo genau sie stand, wissen die meisten Menschen nicht mehr. Vielleicht war deshalb die Installation "Lichtgrenze" im Jahr 2014 so erfolgreich. Zum 25. Jahrestag des Mauerfalls markierten 6880 Ballonstelen, 3,40 Meter hoch, einen Teil des ehemaligen Mauerverlaufs auf 15,3 Kilometern.
2018: East Side Gallery als Denkmal
Das Denkmal East Side Gallery ist mit 1316 Metern das längste noch erhaltene Teilstück der Berliner Mauer. Nach der Maueröffnung wurde es im Frühjahr 1990 bemalt. 118 Künstler aus 21 Ländern wirkten daran mit. Hunderttausende bestaunen jedes Jahr die Werke. Mit der geplanten Übertragung an die Stiftung Berliner Mauer soll es in Zukunft auch ein Informationsangebot vor Ort geben.
2018: Berlin mit und ohne Mauer in Fotos
Etliche der in dieser Galerie verwendeten Fotos zeigt die Gedenkstätte Berliner Mauer in einer Sonderausstellung vom 6. Februar bis zum 15. August im Besucherzentrum an der Bernauer Straße. Zu sehen sind überwiegend bislang unveröffentlichte Bilder aus je 28 Jahren Berlin mit und ohne Mauer. Dabei steht jeweils ein Bild für ein Jahr zwischen 1961 und 2018.