Evangelischer Kirchentag eröffnet
1. Mai 2013Im Hafen ertönten unüberhörbar Signalhörner zahlreicher Schiffe. Leitwort des fünftägigen Treffens ist das biblische Motto "Soviel du brauchst". Bis Sonntag werden fast 117.000 Dauerteilnehmer zu dem Christentreffen erwartet, darüber hinaus dürften noch Zehntausende Tagesgäste kommen. Mehr als 2.500 Veranstaltungen von Bibelarbeiten und Gottesdiensten über Podiumsdiskussionen bis hin zu Popkonzerten und Theateraufführungen sind geplant. 5500 Helfer engagieren sich ehrenamtlich, so viele wie noch nie bei einem Kirchentag.
Gauck: Kirchentag hat gesellschaftspolitische Funktion
Bundespräsident Joachm Gauck sagte in seinem Grußwort, er wünsche sich einen aufregenden, fröhlichen und ernsthaften Kirchentag. Evngelische Christen versuchten beim Kirchentag eine "Zeitansage", beteten miteiander, feierten Gottesdienst und zeigten sich der Öffentlichkeit, sagte Gauck, der evangelischer Theologe ist und selbst in der Kirchentagsbewegung in der damaligen DDR engagiert war. Indem sich der Kirchentag den aktuellen Fragen in Kirche, Gesellschaft, Umwelt und der Einen Welt stelle, habe er eine gesellschaftspolitische Funktion: "Das ist für unser Land wichtig und hilfreich."
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz versicherte: "Wir werden uns nach Kräften von unserer gastfreundlichsten Seite zeigen." Seit fast fünf Jahrhunderten sei der Protestantismus fest in der Hansestadt verwurzelt. Unmittelbar vor dem Kirchentag hatte der Hamburger Senat entschieden, dass es zum 500. Jahrestag der Reformation 2017 einmalig einen gesetzlichen Feiertag gibt.
Am Donnerstag wird Gauck auch an einer Diskussionsveranstaltung teilnehmen, am Freitag kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Kirchenfest der Protestanten findet im Wechsel mit dem Katholikentag alle zwei Jahre statt, Hamburg ist zum vierten Mal Gastgeber.
"Wir brauchen in unserer Gesellschaft neue Konsense"
Drei Themenschwerpunkte sind vorgesehen: Verantwortungsvolles Wirtschaften, Inklusion (sprich: eine faire Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben) und interreligiöser Dialog. Kirchentags-Präsident Gerhard Robbers sagte, von dem Treffen solle unter anderem ein Zeichen des Dialogs mit anderen Religionen ausgehen. Er verwies darauf, dass auch Moscheen und Synagogen ihre Türen öffneten. Zudem erhoffe er sich vom Kirchentag Impulse zur Lösung drängender gesellschaftlicher Fragen. "Wir brauchen in unserer Gesellschaft neue Konsense", mahnte Robbers. Als Beispiele nannte er das aus seiner Sicht nicht zukunftsfähige Wirtschaftssystem, die Entwicklung Europas und "die Art, wie wir miteinander umgehen".
Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs (Artikelbild) von der gastgebenden Nordkirche verwies auf das Kirchentagsmotto "Soviel du brauchst" und beklagte die große Kluft zwischen Arm und Reich. Sie hoffe deshalb auf neue Ideen gegen Armut. Auf einer gemeinsamen Kundgebung von Kirchen und Gewerkschaften zum 1. Mai auf dem Hamburger Fischmarkt forderte sie die Einführung eines verbindlichen Mindestlohns. Zudem erwartet Fehrs vom Kirchentag ein starkes Zeichen des Glaubens. "Wir brauchen eine religiöse Koalition gegen Gottvergessenheit", mahnte sie. In Hamburg ist nur noch jeder Dritte getauft.
sti/haz (dpa, epd, kna)