3D-Drucker für die Industrie
26. Juli 2013Hans Langer ist promovierter Physiker und ein Geschäftsmann mit Visionen. Bereits vor fast 25 Jahren hat er sein Unternehmen in einem Bereich gegründet, der erst seit kurzem immer häufiger in den Schlagzeilen auftaucht: Die Rede ist von der Herstellung dreidimensionaler Bauteile im sogenannten 3D-Drucker – für den Profi allerdings lediglich ein Modewort, das den eigentlichen Herstellungsprozess nicht wirklich beschreibt.
"Der Oberbegriff lautet 'Additive Manufacturing' oder im Deutschen 'Schichtbau-Verfahren'", erklärt Langer im Gespräch mit der DW. "Der Unterschied zu den konventionellen Fertigungstechnologien ist, dass das Pulver zur Herstellung der Bauteile Schicht für Schicht aufgetragen und aufgeschmolzen wird und nicht wie im konventionellen Bereich - zum Beispiel mit der Frästechnik - Schicht für Schicht abgetragen."
Wichtiger Werkstoff
Klingt einfach – ist es aber nicht. Denn als die Idee der additiven Fertigung erstmals während der 1950er Jahre in den USA auftauchte, gab es noch nicht die benötigte Rechnerleistung. Eine wichtige Säule dieses Verfahrens ist nämlich ein Computer, der die geometrischen Daten eines Bauteils digital speichert und damit einen Laserstrahl steuert. Der Laser schmilzt dann in einen pulverförmigen Werkstoff Schicht für Schicht auf, um das Bauteil auf der Basis der eingespeisten Daten zu erzeugen.
"Zuerst haben wir uns das so vorgestellt, dass es praktisch ein drei-dimensionaler Laserprozess ist und man deshalb vor allem eine gute Lasermaschine bauen muss", so Langer. "Das war aber leider nicht die Lösung. Die Lösung sind die Werkstoffe. Sie müssen die Werkstoffe speziell für diesen Prozess vorbereiten und optimieren."
Für Langer und sein kleines Start-up Unternehmen trat Anfang der 1990er Jahre ein ungeheurer Glücksfall ein: Der US-amerikanische Chemiekonzern Dupont konnte genau den Werkstoff liefern, der für seine Laser-Technologie zum Schichtbauverfahren taugte.
Auftrag von BMW
Bald wurde der erste große Auftrag an Land gezogen, und zwar von BMW. Der renommierte Autobauer hatte sehr schnell die Chancen der additiven Fertigung erkannt. Wo bis dahin ganze Werkstätten damit beschäftigt waren, in mühsamer Handarbeit Konzeptautos herzustellen, brach nun eine neue Ära an: Der gesamte Prozess wurde automatisiert. Im Fachjargon spricht man seitdem vom "Rapid Prototyping". Modelle künftiger Fahrzeuge konnten nun schneller und detailgetreuer produziert werden. Mit Hilfe eines elektronisch gesteuerten Laserstrahls und lichtaushärtendem flüssigem Kunstharz wurde der Job erledigt.
So groß der Meilenstein des ersten wichtigen Auftrags für die EOS GmbH damals auch war – das Rapid Prototyping bezeichnet Langer rückblickend auch heute noch lediglich als "Hilfslösung". Der Unternehmensgründer und seine Kunden wollten auf Dauer mehr – nämlich handfeste Endprodukte herstellen, statt mit dem Modellbau lediglich Anschauungsmuster zu liefern: Vom Rapid Prototyping hin zum Rapid Manufacturing. Mit Hilfe neuer Werkstoff-Entwicklungen wie Kunststoff- und Metallpulver kam man diesem Ziel Schritt für Schritt näher.
"Anfang 2000 hatten wir wirklich unser gesamtes Leistungsspektrum beieinander", erinnert sich Langer. "Und von da an ging's dann konkreter in Richtung e-Manufacturing Lösung."
Technologie für alle Bereiche
Heute spielen Anwendungen und Produkte aus dem Schichtbau-Verfahren in fast allen Bereichen eine Rolle. Das Unternehmen EOS tummelt sich in ganz unterschiedlichen Branchen: Sei es in der Autoindustrie, der Luft- und Raumfahrttechnik, im Werkzeug- und Maschinenbau, bei Lifestyle-Produkten wie Schmuck oder aber in der Medizintechnik – der industrielle 3D-Druck bietet überall Vorteile gegenüber den konventionellen Verfahren.
Hans Langer veranschaulicht es so: "Wenn sie einen Vogelknochen ansehen, ist der relativ leicht, aber er ist extrem fest. Und zwar nur deshalb, weil es ein sehr komplexes Innenleben hat. Es sind ganz komplexe Stützstrukturen, die die Natur über viele Jahrmillionen entwickelt hat. Wir nehmen uns die Natur zum Vorbild und können in Anlehnung an diese bionischen Strukturen Bauteile konstruieren und fertigen. Das heißt, es ist nicht nur eine Frage der Fertigungstechnologie, sondern vor allem auch der Konstruktion."
Global Player
Für das Unternehmen EOS GmbH Electro Optical Systems zeigt die Erfolgskurve steil nach oben. Mit Technologie-Zentren in Europa, Asien und den USA sowie mit Niederlassungen für Service und Ersatzteile ist der Mittelständler weltweit in 30 Ländern vertreten. Im vergangenen Geschäftsjahr, das in Europa bekanntlich von der Schuldenkrise beherrscht wurde, stieg der Umsatz um beachtliche 13 Prozent auf fast 113 Millionen Euro.
Alleine in den letzten zweieinhalb Jahren wurde das Personal von etwa dreihundert Mitarbeitern weltweit auf etwa 480 aufgestockt. Probleme, neue Leute speziell für den High-Tech-Bereich zu finden, gab es selten. EOS setzt vor allem auf solide Ausbildung. Das fängt an bei den Lehrlingen, geht aber auch weiter zu Studenten, die Diplomarbeiten oder auch Doktorarbeiten in der Firma durchführen. "Da vernetzen wir uns eng mit den Hochschulen. Und das nicht nur lokal, sondern international", betont Langer.
Grenzen und Möglichkeiten
Auch wenn die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der 3D-Drucker in letzter Zeit für einen Medien-Hype sorgen, tritt der Firmenchef bei allzu hohen Erwartungen auf die Bremse: Ganze Fahrzeuge oder Maschinen aus dem Drucker werde es wohl nicht geben."Ich glaube, es wird mehr so sein, dass wir einzelne Bauteile herstellen und zusammen mit großen Herstellern entwickeln werden", sagt Langer. "Diese Bauteile machen dann einen wesentlichen Unterschied beispielsweise für den Treibstoff- oder Energieverbrauch einer Anwendung."
Die Vision, dass schon bald 3-D-Drucker in jedem Privathaushalt stehen werden und Teile herstellen, hält der Physiker für eher unrealistisch. Aber je mehr das Schichtbauverfahren ins Bewusstsein rückt, umso mehr werde sich die Technologie verbreiten. Denn digital konstruierte Bauteile bieten auch in Bezug auf die Lagerhaltung enorme Vorteile: Sie liegen lediglich in Form von Datensätzen vor und werden sozusagen auf Abruf nur bei Bedarf gebaut.
Für Hans Langer eine kleine Revolution: "Dann müssen Sie nicht mehr spezielle Werkzeuge für ein Produkt über viele Generationen vorhalten oder sehr kleine Serien für irgendwelche Ersatzteile auflegen, sondern Sie können den Begriff 'Produktion' völlig neu denken."