69. Berliner Filmfestspiele
Viele Regisseurinnen, Politik und Gesellschaft, Filme aus allen Weltregionen - die rund 400 Filme der Berlinale versprechen thematische Vielfalt und ästhetische Herausforderungen. Ein Ausblick auf die 69. Berlinale.
Dänische Eröffnung
Eine Regisseurin aus Dänemark und ein internationales Schauspieler-Ensemble, dazu das winterliche New York als Schauplatz der Handlung: der Film "The Kindness of Strangers" von Regisseurin Lone Scherfig - hier eine Filmszene - eröffnet die 69. Filmfestspiele in der deutschen Hauptstadt (7.2.-17.2.2019) - und steht stellvertretend für die globale (und weibliche) Ausrichtung des Festivals.
Kirchenkonflikte auf der Leinwand
17 Filme bewerben sich im Wettbewerb um den Goldenen Bären. Der französische Regisseur François Ozon ist mit seinem neuen Werk "Grâce à Dieu" vertreten, der einer der brisantesten Beiträge sein dürfte. Ozon erzählt von drei Männern, die in ihrer Kindheit von einem Priester missbraucht worden sind und die die Vergangenheit einholt: eine auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte aus Frankreich.
Deutsche im Wettbewerb
Unter den 17 Filmen sind auch mehrere deutsche Produktionen. Auf das größte Interesse dürfte "Der goldene Handschuh" von Fatih Akin stoßen. Doch die Berlinale stellt auch Newcomer vor. Die junge Nora Fingscheidt ist mit "Systemsprenger" dabei, der Geschichte eines Mädchens zwischen Jugendamt, Pflegefamilie und überforderter Mutter - einer von vielen Filmen, die sich dem Thema Kindheit widmen.
Blick in die Zukunft des deutschen Kinos
Vor 18 Jahren wurde die Programmreihe "Perspektive Deutsches Kino" etabliert, jetzt ist sie volljährig. Hier stellt sich der deutsche Nachwuchs vor: "Die Filme der 'Perspektive Deutsches Kino' sind feinsinnig, eigenwillig, angstfrei. Hier darf man sich ausprobieren, spielen und auch provozieren", heißt es von der Berlinale. Mit dabei in diesem Jahr: "Die Einzelteile der Liebe" von Miriam Bliese.
Verschiedene Kamera-Perspektiven
Der Wettbewerb steht im Mittelpunkt des Interesses. Doch auch die Sektionen "Forum" und "Panorama" bieten Aufregendes. Darüberhinaus versprechen zahlreiche weitere Nebenreihen Entdeckungen. Die Berlinale steht vor allem für ein breites Angebot: Filme aus allen Weltregionen stehen neben dem Kino Europas und Hollywoods - oder auch dem aus Indien - hier eine Szene aus "Photograph" von Joe D'Souza.
Besondere Premieren
Darüber hinaus feiern in der deutschen Hauptstadt zahlreiche Filme im festlichen Rahmen Premiere, die zuvor kaum gezeigt wurden. Sydney Pollacks Film "Grace" über Aretha Franklins Auftritt in einer Baptitsten-Kirche in Detroit im Jahr 1972, bei dem das Live-Album "Amazing Grace" entstand, verschwand damals in den Archiven. Erst jetzt wird er in großem Rahmen gezeigt.
Frauenpower I
Frauen vor und hinter der Kamera stehen in letzter Zeit im Fokus. Es geht um Chancengleichheit, die MeToo-Bewegung und eine Neubewertung weiblicher Filmgeschichte. Dazu passt, dass der Goldene Ehrenbär der Berlinale 2019 an eine große Darstellerin des europäischen Kinos geht, die Britin Charlotte Rampling - hier in "Max mon amour" von Nagisa Ōshima (1986).
Frauenpower II
Und auch die große filmhistorische Retrospektive widmet sich in diesem Jahr dem Filmschaffen von Frauen. "Selbstbestimmt. Perspektive von Filmemacherinnen." heißt die Filmschau und zeigt deutsche Filme von Frauen aus den Jahren 1968 - 1999. "Für Frauen - 1. Kapitel, ein Film von Frauen für Frauen" heißt ein Beispiel: 1971 gedreht, thematisierte er schon früh mangelnde Chancengleichheit.
Frauenpower III
Eine immer wichtiger werdende Aufgabe der großen Festivals in aller Welt ist die Sicherung des Film-Erbes. Restaurierte und vergessene Klassiker der Kinogeschichte werden vor großem Publikum gezeigt. Zu entdecken in Berlin in diesen Tagen ist so auch "Die jungen Sünder" von 1959 - inszeniert von der norwegischen Regisseurin Edith Carlmar mit der jungen Liv Ullmann in ihrer ersten Hauptrolle.
Ein Fest für alle Tote-Hosen-Fans
Weltpremiere feiert in Berlin auch der Film "Weil du nur einmal lebst - Die Toten Hosen auf Tour". Regisseurin Cordula Kablitz-Post begleitete die populären Deutschrocker bei ihrer letzten Tour und verarbeitete das Ganze zu einer Dokumentation in Spielfilmlänge: ein bunter und eindringlicher Blick hinter die Kulissen des Musik-Business.
Serien-Vielfalt
Und auch das gehört inzwischen zum Standard großer Filmfestivals: die Premiere von Serien auf großer Leinwand. Erst später werden diese dann im Fernsehen oder von den populären Streamingportalen ausgestrahlt. Mit Spannung erwartet wird in diesem Jahr "M - Eine Stadt sucht einen Mörder", dessen Geschichte sich an Fritz Langs legendärem gleichnamigen Film aus dem Jahre 1931 anlehnt.
Filme für ein junges Kinopublikum
Gerade in Zeiten von Youtube und "Sozialen Medien" ist es wichtig, dass Festivals jüngere Publikumsschichten ansprechen: Sie sind die Zuschauer von Morgen. Die Berlinale tut das bereits seit Jahren mit den Programmreihen "Generation Kplus und Generation 14plus" vorbildlich. Dort wird dieses Jahr u.a. "Anbessa" von Mo Scarpelli gezeigt, der einen Blick auf Lebenswirklichkeiten in Äthiopien wirft.
Fremde Wirklichkeiten: "NATIVe"
Auf besonders aus westeuropäischer Sicht fremde Welten treffen die Berlinale-Besucher in der Programm-Sektion "NATIVe". Wie hier im Film "Tanna" (Australien) dreht sich alles um indigene Völker. 16 lange und kurze Spiel- und Dokumentarfilme aus der Pazifik-Region eröffnen Blicke in unbekannte Filmregionen.
Talente in der Muschel
"Schwangere Auster" nennen die Berliner liebevoll die offiziell "Haus der Kulturen" genannte Kongresshalle. 1957 errichtet, wird sie seit ein paar Jahren immer wieder im Februar zum Treffpunkt von 250 jungen Berlinale-Talenten. Die treffen dann bei den "Berlinale Talents" auf etablierte Filmemacher und Gäste der Berlinale. Ausgebrütet in der Muschel werden Filmideen für Morgen.
Filme als Handelsware
Und auch das ist die Berlinale: eine Messe. Hier kommen Ver- und Einkäufer aus aller Welt zusammen und tauschen sich aus. Und eingekauft wird auch - die "Ware" Film. Beim alljährlichen immer gut besuchten "European Film Market" im historischen Gebäude "Martin Gropius Bau" wird Film zur Handelsware, zum Geschäft, zum nächsten heißen Tipp des internationalen Kinomarkts.
Mr. Berlinale nimmt Abschied
Es ist die letzte Berlinale des langjährigen Leiters Dieter Kosslick. 18 Jahre stand er an der Spitze des größten deutschen Filmfestivals. Er hat sich vor allem für das heimische Kino engagiert, aber auch zahlreiche andere Programmreihen initiiert und ausgebaut. Er übergibt den Staffelstab in diesem Jahr an das Duo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek.