Abbottabad - Der Schlupfwinkel Bin Ladens
2. Mai 2011Seit Jahren gab es Spekulationen, dass sich der gesuchte El-Kaida-Chef Osama bin Laden irgendwo im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan aufhalte. Doch selbst die kühnsten Verschwörungstheoretiker hätten wohl nicht vermutet, dass sich sein Hauptquartier direkt unter den Augen des pakistanischen Militärs befand. Zwar gilt die gesamte Region als Rückzugsgebiet der pakistanischen Taliban, aber möglicherweise hat sogar der einflussreiche pakistanische Geheimdienst ISI nicht nur den Taliban, sondern auch den Anhängern bin Ladens Schutz gewährt.
Garnisonsstadt mit touristischem Charme
Die Stadt Abbottabad ist eine Garnisonsstadt, etwa 60 Kilometer Luftlinie nördlich von Islamabad. Sie gilt als eine der schönsten Städte Pakistans und befindet sich im Herzen der nordwestlichen Grenzprovinz zu Afghanistan, die heute Khyber Pakhtunkhwa heißt.
Der Name Abbottabad geht auf ihren Gründer zurück: James Abbott, ein britischer Major, der die strategisch wichtige Lage erkannte und dort 1853 eine Stadt errichtete, um einen Vorposten auf dem Weg nach Afghanistan zu haben.
Zweifelhafte Rolle des Militärs
Wegen der Nähe zur legendären Seidenstraße und seiner landschaftlichen Schönheit galt Abbottabad lange als attraktives Touristenziel. Aufgrund ihrer Höhenlage hat die Stadt im Sommer - verglichen mit den Großstädten Islamabad und Rawalpindi - ein mildes Klima. Doch auch den Touristen dürfte das allgegenwärtige Militär in den Straßen Abbottabads nicht entgehen.
Neben Garnisonen gibt es in der Stadt Militärakademien, Sportclubs sowie verschiedene Betriebe, die ebenfalls von pakistanischen Militärs unterhalten werden.
Maßgeschneidertes Versteck
Schwer vorherstellbar, dass es dem El-Kaida-Chef gelungen sein soll, ausgerechnet in dieser Garnisonsstadt völlig unbemerkt vom pakistanischen Geheimdienst eine festungsartige Residenz zu errichten, in der er mit seiner Familie und seinen Getreuen leben konnte.
Der stark bewachte Gebäudekomplex mit großem Grundstück liegt an einer Hauptstraße in der Nähe zum Flughafen, gegenüber einer privaten Akademie. Eine fünfeinhalb Meter hohe Mauer mit Stacheldraht umgibt das Anwesen. Zugang gibt es allein durch zwei bewachte Tore. Das Hauptgebäude umfasst drei Stockwerke und hat nur wenige Fenster.
Das offenbar maßgeschneiderte Versteck soll nach Schätzungen eine Million Dollar (etwa 670.000 Euro) gekostet haben, sehr viel nach pakistanischen Maßstäben. Auch dies hätte den Sicherheitskräften durchaus auffallen können.
Autoren: Grahame Lucas/Sybille Golte-Schröder
Redaktion: Hao Gui