Al-Bagdadi und die Nummer zwei
8. Mai 2015Abu Bakr al-Bagdadi gilt heute als der gefährlichste Terrorist der Welt, aber viel ist über den selbsternannten Kalifen des sogenannten "Islamischen Staates" nicht bekannt. Ibrahim al-Badri, so heißt er mit bürgerlichem Namen, soll nördlich von Bagdad in der Stadt Samarra aufgewachsen sein und stammt aus eher ärmlichen Verhältnissen. Das ist heute wohl anders: Unter Geldmangel leidet er nicht mehr und ist Anführer einer eigenen Armee, die sich Islamischer Staat (IS) nennt und zu Beginn noch mit dem Zusatz "im Irak und Syrien" (ISIS) aufgetreten ist.
Erst kürzlich war es einem Reporterteam aus Süddeutscher Zeitung und ARD gelungen, unbekannte Fotos und zahlreiche Dokumente aus seinem Leben zu finden. "Die neuen Funde zeichnen das Bild eines Mannes, der früh die Macht liebte, aus medizinischen Gründen vom Wehrdienst befreit wurde und als Muezzin und Lehrer für Koran-Rezitation arbeitete", heißt es in dem Bericht.
Liegt Al-Bagdadi flach?
Al-Bagdadi meidet die Öffentlichkeit. Bisher gibt es nur wenige Fotos von ihm, lediglich bei einem Auftritt in der Al-Noori Moschee im Irak bekommt die Weltöffentlichkeit ihn zu Gesicht. Seither kursiert auch immer nur ein aktuelles Foto von ihm (Artikelbild).
Ob man ihn je wieder zu Gesicht bekommt, ist derzeit fraglich. Einem unbestätigten Bericht der britischen Online-Ausgabe von "The Guardian" zufolge soll Al-Bagdadi seit zwei Monaten mit Verdacht auf einen schweren Wirbelsäulenschaden in einem Versteck in der IS-Hochburg im irakischen Mossul von zwei Ärzten behandelt werden. Anderen Berichten zufolge könnte er sich auch im syrischen Rakka befinden. Al-Bagdadi soll sich durch einen Luftangriff der von den USA angeführten Anti-IS-Koalition am 18. März diese schweren Verletzungen zugezogen haben. Das Pentagon bestätigte zwar den Angriff, erklärte aber, man wisse nichts von einer schweren Verletzung Al-Bagdadis. Der Guardian bezieht sich auf Quellen aus Mossul, die nicht namentlich zitiert werden wollen. Angeblich habe die Terrormiliz bereits einen Nachfolger für Al-Bagdadi.
Die Nummer zwei
Abd al-Rahman Mustafa al-Kaduli - derzeit aber besser bekannt als Abu Alaa al-Afri - soll bereits eng mit Al-Bagdadi zusammenarbeiten. Die US-Regierung nennt Al-Afri den zweiten Mann an der Spitze des IS. "Der IS hat großes Vertrauen in ihn", sagt Hischam al-Haschimi, IS-Experte und Chefberater der irakischen Regierung. "Er ist schlau, ein guter Anführer und ein guter Verwalter. Sollte Al-Bagdadi sterben, wird er die Führung übernehmen", erklärt er im Guardian.
Al-Afri wurde irgendwann zwischen 1957 und 1959 in Mossul geboren. Nach Angaben von Al-Haschimi studierte er, wurde Professor für Physik, veröffentlichte aber auch mehrere religiöse Schriften. Er gilt als Langzeitmitglied der Terrormiliz, die sich bereits während des Irak-Krieges zu formieren begann. Unter Abu Musab al-Sarkawi gründete sich die Terrorgruppe "Al-Kaida im Irak", die sich 2006 - nach der Ermordung Al-Sarkawis - in "Islamischer Staat im Irak" (ISI) umbenannte. Abu Omar al-Bagdadi übernahm die Führung, wurde aber 2010 durch einen US-Schlag ebenfalls getötet. Al-Afri wurde damals als Nachfolger gehandelt. Osama bin Laden, lange Zeit der gefährlichste Terrorist, bis er 2011 getötet wurde - soll ihn vorgezogen haben. Stattdessen übernahm Abu Bakr al-Bagdadi die Geschäfte der Terrormiliz.
Seit 2013 mischt der IS auch im syrischen Krieg mit und positioniert sich als neuer Feind des Westens. Der IS verbreitet Angst und Schrecken, ist für sein barbarisches Vorgehen bekannt und tritt zudem auf wie ein Staat, der sein Gebiet ausweiten will.
Hohes Kopfgeld auf beide Rivalen
Die USA haben jetzt ein Kopfgeld auf insgesamt vier ranghohe IS-Anführer ausgesetzt - unter ihnen ist auch Al-Afri. Sieben Millionen Dollar wollen sie demjenigen zahlen, der Informationen liefert, die zum Tod oder zur Festnahme Al-Afris führen. Salah Faily, Analyst und Berater der Autonomen Regierung in Kurdistan, hält das für eine richtige Taktik: "Immerhin gibt es auch innerhalb von Daesh (Anm. d. Red.: arabisches Akronym für "IS") Rivalen. Und man sollte nicht vergessen: Immerhin sind sie alle Warlords. Es geht ihnen auch immer ums Geld. Es wird zu Konkurrenzkämpfen zwischen den Mitgliedern führen. Diese Aktion wird ein Klima der Angst schüren und Sicherheitslücken hervorrufen."
Auf den derzeitigen Anführer des IS im Irak, Abu Bakr al-Bagdadi, hatte die US-Regierung bereits in der Vergangenheit ein Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen Dollar ausgesetzt.