Feuerwehrautos für Tunesien
10. Juli 2014Ein Notfalleinsatz im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)? Im Innenhof der Bonner Behörde löten Männer des Technischen Hilfswerks (THW) altes Metall, schneiden Beton. Abwasser wird durch Schläuche in ein Bassin gepumpt. Keine Katastrophe sondern eine Vorführung für den obersten Behördenchef: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Er ist aus Berlin nach Bonn gereist, um sich ein Bild zu machen und den Medien mitzuteilen, welche Einsätze die Mitarbeiter von BBK und THW im vergangen Jahr bewerkstelligten.
Das BBK organisiert seit zehn Jahren die zivile Sicherheit der Bevölkerung in Deutschland. Vor 2004 hatte es kein bundesweit einheitliches Melde- und Lagezentrum gegeben. Die Aufgaben: Forschen, Informieren und Koordinieren.
Zurzeit entwickelt die Bonner Fachbehörde ein Warnsystem als App. Sie soll es Bürgern in Notfallsituationen in Sekundenschnelle ermöglichen, wichtige Informationen über Internet abzurufen. Noch in diesem Jahr soll das System vorgestellt werden.
Analytische Taskforce zur Detektion von Kampfstoffen
Das BBK unterstützt auch Regierungen in aller Welt, so Minister de Maizière. Die Ausbildung von 20 jordanischen Fachleuten zur Gefahrenabwehr zählte 2013 dazu, sagt BBK-Chemiker Roman Trebbe: "Trotz der fortschreitenden Beseitigung der syrischen Chemiewaffen will das an Syrien grenzende Königreich für militärische und terroristische Angriffe, aber auch für Unfälle mit Chemikalien beim Transport zu zivilen Zwecken gewappnet sein." Er und weitere deutsche Naturwissenschaftler demonstrierten ihren jordanischen Kollegen vor Ort, wie man Kampfstoffe aufspürt (Detektion), wie die Jordanier bei einer Dekontaminierung mit chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Stoffen (CBRN) umgehen und wie sie im Notfall viele Verletzte transportieren und versorgen können.
Das BBK erforscht in eigenen Labors in Deutschland Methoden und Verfahren für den Fall von Anschlägen mit CBRN-Waffen. Aktuell hat das Bundesamt eine Anfrage aus der Ukraine erhalten, Fachleute anzuleiten.
Zivilschutz-Hilfe für Tunesien
Die Regierung Tunesiens hatte ebenfalls Hilfe beim Aufbau des zivilen Bevölkerungsschutzes angefragt. Freiwillige Feuerwehren sollen dort aufgebaut werden - nach deutschem Vorbild. Denn diese Art des ehrenamtlichen Engagements ist in dem nordafrikanischen Staat unbekannt. Deutsches Wissen und 42 ausgemusterte, aber technisch einwandfreie Feuerwehrfahrzeuge und Geländewagen gaben Mitarbeiter von BBK und THW weiter. Deutsche und Tunesier übten den Umgang mit Gefahrstoffen, den Aufbau von Sandsack-Deichen, effektive Waldbrandbekämpfung und der Transport von Verletzten mit Krankentransportwagen nach einem simulierten Fabrikbrand. In der internationalen Zusammenarbeit müssen die Einsatzkräfte immer wieder rechtliche und kulturelle Unterschiede berücksichtigen.
"Wir sind so glücklich über die Hilfe aus Deutschland", bekam Johannes Franz vom BBK-Referat "Internationales" zu hören. Er erzählt, dass er bei Einsätzen sein Wissen als Oberbrandinspektor und Übersetzer anwenden könne: "Haben Sie einen Facebook-Auftritt? Wir möchten das BBK als Freund liken", wurde der BBK-Mitarbeiter in Tunesien gefragt.
Ehrenamtlicher Nachwuchs gesucht
Noch hat die Behörde keinen Auftritt in den Sozialen Medien - das Technische Hilfswerk (THW) dagegen schon. Die Organisation, die seit 61 Jahren besteht, leistet praktische Hilfe. "Nachdem die Wehrpflicht der Bundeswehr abgeschafft wurde, müssen wir um Freiwillige werben", argumentiert Georgia Pfleiderer, die Leiterin der THW-Einsatzleitung. Die sozialen Medien spielen dabei eine große Rolle. Immerhin helfen 99 Prozent der Mitarbeiter ehrenamtlich.
De Maizière: "THW - weltweit einmaliges technisches Ehrenamt"
Deutsche THW-Helfer retten Erdbebenopfer in aller Welt, bauten zuletzt Dämme in Bosnien und Serbien beim größten Hochwasser seit 130 Jahren. "Insgesamt verbuchte die Behörde zum Bevölkerungsschutz 2013 mehr als fünfmal so viele Einsatzstunden wie 2012. Fünf Millionen Sandsäcke wurden bewegt", sagt der Bundesinnenminister.
Grund waren die Hochwassereinsätze vergangenen Sommer in den ostdeutschen Bundesländern und in Bayern. Damals beteiligten sich 16.000 Helfer an der Evakuierung und Deichsicherung mit Sandsäcken.
Auf den Philippinen bereiteten Einsatzkräfte nach dem Taifun Haiyan mehr als zwei Millionen Liter Trinkwasser auf, um sie an die Bevölkerung zu verteilen. In Jordanien und im Nord-Irak haben Freiwillige aus Deutschland unter THW-Leitung sanitäre Anlagen und Feldküchen in Zeltstädten für Flüchtlinge aus Syrien gebaut. "Dabei überprüfen wir täglich, ob wir deren Sicherheit dort gewährleisten können", so de Maizière.
"Unser Engagement dauert an, solange wir gebraucht werden", sagt THW-Einsatzleiterin Georgia Pfleiderer. Noch täglich kämen bis zu 600 Flüchtlinge in die Lager.
Und auch für weitere Krisen ist das THW gerüstet. Die Bürostühle in der Bonner Einsatzzentrale sind mit sehr stabilen Stützen für Kopf und Rücken ausgestattet. Im Notfall arbeiten die Mitarbeiter hier rund um die Uhr.