Gauland-Äußerungen sorgen für Entsetzen
28. August 2017Er selbst verteidigte allerdings seine Bemerkung zur - so wörtlich - "Entsorgung" von Staatsministerin Aydan Özoguz. "Ich habe etwas gesagt und ich stehe inhaltlich dazu", sagte AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland, um dann aber einzuschränken: Er werde diesen Begriff künftig nicht mehr benutzen, da ihm "auch vernünftige Menschen" davon abgeraten hätten.
Özoguz hatte im Mai in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" die Ansicht vertreten, die "Leitkultur"-Debatte gleite oftmals ins Lächerliche ab. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung schrieb damals: "Kein Wunder, denn eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar". Historisch gesehen sei die deutsche Geschichte eher von "regionalen Kulturen", von Vielfalt und von Einwanderung geprägt.
Darauf reagierte Gauland am Samstag bei einem Auftritt im Eichsfeld in Thüringen: "Das sagt eine Deutschtürkin. Ladet sie mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist", rief er seinen Zuhörern zu. "Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können". Über die Aussage vor klatschenden und vereinzelt jubelnden Zuhörern hatte zuerst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrer Montag-Ausgabe berichtet.
Schande für Deutschland
Özoguz, die auch SPD-Vizevorsitzende ist, wollte Gaulands Wahlkampfrede nicht kommentieren. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach von einer "widerlichen Entgleisung". Im Wahlkampf in Salzgitter sagte er: "Diese Organisation der Hetzer ist keine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für Deutschland."
Nach Ansicht von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) schadet Gauland dem Ansehen Deutschlands in der Welt. "Er verwechselt wohl das Reinheitsgebot des deutschen Bieres mit dem Reinheitsgebot hier in unserer Gesellschaft - oder er hat zuviel von dem Reinheitsgebot des Bieres intus gehabt", sagte er.
Disqualifiziert sich selbst
CDU-Generalsekretär Peter Tauber erklärte: "Das nennt man Rassismus." Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: "Frau Özoguz stammt aus Hamburg - insofern disqualifizieren sich diese Äußerungen von selbst."
Die Co-Spitzenkandidatin der AfD für die Bundestagswahl, Alice Weidel, dagegen sagte: "Gauland hat recht." Wenn eine Integrationsbeauftragte keine Kultur in Deutschland erkennen könne und den Islamismus nicht bekämpfe, "dann ist sie in der Türkei besser aufgehoben". Allerdings signalisierte auch sie, dass sie mit der Wortwahl Gaulands nicht einverstanden sei.
Nach Angaben aus Parteikreisen war Gaulands Ausspruch am Montag auch Thema bei in einer Telefonkonferenz des AfD-Parteivorstandes. Ein Beschluss wurde dazu aber nicht gefasst.
Petry geht auf Distanz
AfD-Chefin Frauke Petry übte ebenfalls Kritik an Özoguz, monierte aber gleichzeitig auch die Ausdrucksweise von Partei-Vize Gauland. Sie sagte: "Aydan Özoguz versteht sich offenbar als Abschaffungsbeauftragte der deutschen Kultur. Einer demokratischen Kultur, in der auch seltsame Meinungen ertragen, aber deren Träger keinesfalls 'entsorgt' werden."
Die Türkische Gemeinde in Deutschland erklärte sich mit Özoguz solidarisch. Ihr Vorsitzender, Gökay Sofuoglu, sagte an die Adresse Gaulands gerichtet: "Mit Ihren Äußerungen haben Sie den Boden unseres Grundgesetzes verlassen und stecken tief im braunen Morast."
haz/rk (dpa, afp)