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Afghanen üben Kritik an Loja Dschirga

Waslat Hasrat-Nazimi21. November 2013

In Kabul berät die Loja Dschirga, die große Ratsversammlung, über das Sicherheitsabkommen mit den USA. Viele Afghanen äußern sich nicht nur über das Abkommen kritisch, sondern auch über die Versammlung an sich.

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Mitglieder der afghanischen Ratsversammlung (Loya Jirga) in Kabul (Foto: DW)
Bild: Hussain Sirat

Die Sicherheitsmaßnahmen rund um die Loja Dschirga machen den Autofahrern in Kabul seit Tagen das Leben schwer. Immer wieder stecken sie stundenlang im Stau fest. Um die Lage zu entspannen, erklärte die Regierung die Tage bis Sonntag (24.11.2013) kurzerhand zur Ferienzeit.

Bis dann soll die große Ratsversammlung ihre Beratungen über das Sicherheitsabkommen mit den USA abgeschlossen haben. Die meisten machen einen großen Bogen um das Veranstaltungsgelände, alle sind in Alarmbereitschaft. Am vergangenen Wochenende hatte ein Selbstmordattentäter der Taliban in der Nähe des Tagungsortes zehn Menschen getötet.

Präsident Hamid Karsai warb in seiner Eröffnungsrede am Donnerstag für die Annahme des Abkommens. Dadurch erhalte Afghanistan die Chance, während einer zehnjährigen Übergangsphase Stabilität zu erlangen, sagte Karsai. Gleichzeitig machte er keinen Hehl aus der schlechten Beziehung zwischen ihm und den Amerikanern: "Sie trauen mir nicht und ich traue ihnen nicht". Später kündigte Karsai an, die Unterzeichnung des Abkommens seinem Nachfolger zu überlassen, der im kommenden April gewählt werden soll.

"Amerikaner sollen gehen"

Besonders umstritten war und ist in Afghanistan die Immunität amerikanischer Armeeangehöriger vor Strafverfolgung durch afghanische Behörden, die in dem Sicherheitsabkommen festgeschrieben ist. Viele Afghanen haben gerade für diese Regelung kein Verständnis. "Wir akzeptieren nicht, dass sie gerichtliche Immunität genießen, so dass sie alle möglichen Verbrechen begehen können und wir nichts sagen dürfen", empört sich Sayed Aqeel aus der Provinz Ghazni. "Wir sollen das Abkommen mit unserem Blut unterschreiben, aber das lassen wir niemals zu", sagt er. "Wenn die Delegierten wirklich Muslime sind, so werden sie gegen das Abkommen stimmen." Auch Haji Malem aus der stark umkämpften Provinz Wardak ist gegen einen weiteren Einsatz der USA: "Wir wollen natürlich, dass wir in Sicherheit leben können, aber ich denke, dass die Amerikaner gehen sollen. Wir brauchen die Ausländer nicht und kommen gut alleine miteinander klar."

Kabul steckt im Stau wegen der Sicherheitsmaßnahmen (Foto: DW)
Kabul steckt im Stau wegen der SicherheitsmaßnahmenBild: DW/H. Sirat

"Loja Dschirga ohne Legitimität"

Die Loja Dschirga ist zwar eine alt-ehrwürdige Institution in Afghanistan, ihre Einberufung durch Karsai wird aber von manchen Bürgern als abgekartetes Spiel kritisiert. "Das ist eine sinnlose Veranstaltung“, sagt Abdullah, der auch aus Ghazni ist. "Unsere Führer haben diesem Abkommen schon längst zugestimmt und jetzt verkaufen sie es als eine Volksentscheidung", so der 42jährige. Trotzdem findet er, dass es zu dem Abkommen keine Alternative gibt. "Wir brauchen das Abkommen. Sobald man aus Kabul rausgeht, gibt es hier keine Sicherheit mehr."

"Sicherheitsabkommen ist Ausverkauf an die USA" steht auf dem Transparent, das eine Delegierte hochhält (Foto: DW)
"Sicherheitsabkommen ist Ausverkauf an die USA"Bild: Hussain Sirat

Auch die Jura-Studentin Neda aus der nördlichen Provinz Balkh ist für das Abkommen, aber gegen die Loja Dschirga: "Diese Dschirga hat keine Legitimität." Der Präsident habe mit der Ausrufung der Dschirga gegen die afghanische Verfassung verstoßen, denn dem Parlament komme die Entscheidungsrolle zu, Karsai habe das Parlament aber übergangen, so Neda. Sie kritisiert auch die gewaltigen Kosten der Veranstaltung, die Afghanistan sich nicht leisten könne.

Jugend und Frauen fühlen sich nicht vertreten

Die Ratsversammlung besteht aus über 2.500 Delegierten, die aus weiten Teilen des Landes und aus dem Ausland angereist sind. Für die Frauen und Jugendlichen in Afghanistan ist das aber eine nicht repräsentative Versammlung von weißbärtigen Männern. Zwar seien auch Frauen unter den Delegierten, aber das sei nicht genug, sagt Zeba Barakzai. "Meine Erwartung an die Versammlung ist, dass auch die Interessen der afghanischen Frauen vertreten werden. Das Abkommen sollte die Frauenrechte weiter fördern“. Bisher schienen aber die wenigen Frauen, die bei der Polizei und beim Militär arbeiten, nicht von Bedeutung zu sein, kritisiert die Frau aus der Provinz Khost ggenüber der Deutschen Welle.

Hamid Karsai vor der Loja Dschirga (Foto: Reuters)
Hamid Karsai wirbt für das AbkommenBild: Reuters

Hassan Rabbani, Vorsitzender eines Jugendvereins in Balkh, sagt, junge Afghanen seien überhaupt nicht anwesend. "Ohne die Beteiligung der Jugend ist diese Versammlung wertlos. Die Zukunft des Landes kann nicht ohne uns entschieden werden." Zumindest um ihre Meinung hätte man sie fragen können, so Rabbani. Über 75 Prozent der Afghanen sind unter 30 Jahre alt. Umso erstaunlicher sei es, dass die meisten Delegierten dieses Alter weit überschreiten, sagt Tamana Faqri, die wie Rabbani zu dem Jugendverein gehört. "Die Delegierten haben entweder Regierungsämter inne, oder sie haben ein hohes Alter und vertreten nur ihren Stamm. Die Jugend und damit Zukunft Afghanistans bleibt außen vor."