Afghanische Filmemacher erzählen über ihr Land
19. April 2005Staub, Sand und Felsen - eine triste Landschaft. Lehmfarben, so weit das Auge reicht. Der Nordwesten Afghanistans, das Grenzgebiet zum Iran. Hier lebt Gul Afrooz, eine junge Frau, mit ihren beiden Kindern. Der Vater ist verschwunden. Sie versucht, sich und ihre Kinder irgendwie durchzubringen. Sie gerät dabei in die Fänge eines Warlords und soll für ihn Drogen schmuggeln.
Kein leichter Film - der erste Spielfilm von Roya Sadat. Die junge Regisseurin sitzt in der ersten Reihe des Kinosaals. Der grüne Schleier ist ihr auf die Schultern gerutscht, gebannt schaut sie auf die Leinwand. Es ist still im Kino. Die Zuschauer tauchen ein in die Welt, die Roya Sadat ihnen zeigt. Eine Welt aus Verzweiflung und Hilflosigkeit. "Ich möchte, dass die Zuschauer ein reales Bild bekommen über die Lage der Menschen, die dort mit Drogen konfrontiert sind", sagt sie. "Diese Menschen sollen wieder in Erinnerung gebracht werden. Und dass man sich mit dieser Lage und mit der Drogenproblematik in Afghanistan bewusster und verantwortungsvoller auseinandersetzt."
Filme als Berufung
Es sei ihre Berufung, Filme zu machen. Das sei ihre Liebe. Sie betrachtet sich als Künstlerin und wollte schon immer Filmemacherin werden, sagt Roya Sadat, die selbst in einer Zeit aufgewachsen ist, in der jegliche Filme verboten waren. "Ich habe mich nicht mit dem, was ist, zufrieden gegeben, sondern mir immer das, was sein soll, vorgestellt. Und wenn man so denkt, kann nicht anders handeln, als sich den Schwierigkeiten zu stellen."
Schwierigkeiten, die die Regisseurin auch beim Drehen ihres Films zu spüren bekam. Zwei Jahre lang hat sie nach einer Hauptdarstellerin gesucht. Als sie sie schließlich fand, wollte der Ehemann nicht, dass sie im Film mitspielt. Denn das Bild der Frauen wurde nach der Taliban-Zeit durch alte Frauen und junge Mädchen besetzt. Eine erwachsene Frau in der Hauptrolle ist die Ausnahme. Es habe viel Überzeugung gebraucht, bis er schließlich zustimmte.
"Wir sind Wegbereiter", sagt Roya Sadat, die viele Schwierigkeiten überwinden musste, um weiterzumachen. "Wenn man dieser Lage ausgesetzt ist, lernt man auch, mit wenigen Möglichkeiten vieles zu bewirken, was in Deutschland wohl nicht vorstellbar wäre."
Eindringlicher Fim mit einfachen Mitteln
Trotz der einfachen Mittel hat Roya Sadat einen sehr eindringlichen Film gemacht. Er lebt von der Atmosphäre, weniger von Dialogen. Es entspricht dem Verhalten der Menschen in dieser abgelegenen Region Afghanistans. Sie reden nicht viel. Roya Sadat bringt den Zuschauer so sehr nah an das Leben von Gul Afrooz heran.
"Wann haben wir die Gelegenheit, dass Afghanen sich darstellen können", sagt Martin Werner, der das Festival ins Leben gerufen hat. "Stellen wir uns das so vor, dass wir seit zehn, 15 Jahren von Franzosen gefilmt und gezeigt werden. Das würde uns wahrscheinlich nicht nur nicht gefallen, sondern wir würden gerne auch mal zum Zuge kommen. Das ist jetzt die Gelegenheit hier."
Ergänzungsbedürftiges Afghanistan-Bild
Gerner hat mehrere Monate in Afghanistan verbracht und dort afghanische Journalisten ausgebildet. So entstanden viele Kontakte zu jungen Filmemachern. Hier in Köln will er ihnen ein Forum bieten und afghanische Filme ins deutsche Kino bringen.
"In Deutschland ist das Afghanistan-Bild, nicht falsch, aber ergänzungsbedürftig" sagt Gerner. "Es ist klischeehaft, aber Filme bilden eine unaufdringliche Möglichkeit, diese Facetten zu ergänzen und selbst die Fantasie auch arbeiten zu lassen."