Afghanistan prüft Bewaffnung von Zivilisten
17. September 2017Als Reaktion auf die anhaltende Bedrohung durch islamistische Aufständische erwägt die Regierung in Kabul, Zivilisten zu bewaffnen. Pläne zur Bildung "örtlicher Truppen" würden derzeit geprüft, sagte ein Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur AFP. Die Truppe würde den Angaben zufolge rund 20.000 Mann zählen.
Ein Sprecher der NATO-Ausbildungsmission "Resolute Support" bestätigte die Pläne. Nach Angaben eines US-Beamten ist der Vorschlag derzeit allerdings noch in der Anfangsphase.
Taliban auf dem Vormarsch
Seit die NATO ihren Kampfeinsatz am Hindukusch 2014 beendete, sind die radikalislamischen Taliban wieder auf dem Vormarsch. Auch die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) gewinnt dort an Einfluss. Die afghanischen Sicherheitskräfte haben nur wenig Erfolg im Kampf gegen die Aufständischen.
Auch an diesem Sonntag wurden neue Gewalttaten gemeldet. Mindestens sechs Menschen wurden bei mehreren Anschlägen getötet. Die Taliban übernahmen die Verantwortung für die schwerste Attacke nahe der pakistanischen Grenze. Die Gegend gilt als Hochburg der Islamisten.
Trotz der angespannten Sicherheitslage ist der Vorschlag zur Bewaffnung von Zivilisten höchst umstritten. Privatarmeen und von der Regierung gestützte bewaffnete Gruppen haben in Afghanistan eine lange und kontroverse Geschichte.
"Die Erweiterung der irregulären Truppen durch die afghanische Regierung könnte enorm gefährliche Folgen für die Zivilisten haben", warnte Patricia Gossman von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Demnach befürchten selbst die afghanischen Behörden, dass eine solche Miliz sich zu einer eigenständigen aggressiven Truppe entwickeln könnte.
Die Vereinigten Staaten verlangen von der NATO, ihr Truppenkontingent am Hindukusch zu erhöhen. Im Oktober will das Militärbündnis hierüber entscheiden. US-Präsident Donald Trump hatte im vergangenen Monat angekündigt, die Zahl von derzeit rund 11.000 US-Soldaten in Afghanistan aufzustocken. Im Gespräch ist die zusätzliche Entsendung von 4000 US-Militärs.
Deutschland - der zweitgrößte Truppensteller im Rahmen der NATO-Mission - lehnt eine Erhöhung des Bundeswehrkontingents derzeit ab. Der Bundestag hatte die Mandatsobergrenze 2016 von 850 auf 980 Soldaten erhöht.
jj/haz (dpa, afp)