Afrika-Wahlen im Offline-Modus
22. Februar 2016WhatsApp, Twitter, Facebook - am vergangenen Donnerstag ging für viele Ugander plötzlich gar nichts mehr. Den meisten war schnell klar, dass das am Tag der Präsidentschaftswahl kein Zufall sein konnte. Die Regierung versuchte auch gar nicht erst, die Blockade der sozialen Netzwerke zu vertuschen. Die ugandische Bloggerin und Journalistin Lindsey Kukunda informierte ihr Internetprovider per SMS über die Sperrungen. Die Begründung: Eine Anweisung von der ugandischen Telekommunikationsbehörde. "Zuerst konnte ich nicht glauben, dass die ugandische Regierung so verrückt spielt", so Kukunda. Die Regierung verhalte sich eindeutig illegal, sagt die Bloggerin. Sie fühle sich massiv in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt.
Später am Wahltag rechtfertigte Dauerpräsident Yoweri Museveni den Schritt mit Sicherheitsbedenken. Mit der Blockade der sozialen Medien sollten Gewaltausbrüche und die frühzeitige illegale Bekanntgabe von Wahlergebnissen verhindert werden, sagte Museveni.
Mathias Kamp, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Uganda, hält die Begründung der Regierung zum Teil für glaubwürdig. Gleichzeitig wolle die Regierung aber die Meinungsfreiheit in den sozialen Medien massiv einschränken, meint Kamp.
Kontrolle ausgetrickst
Richtig gut geklappt hat Musevenis Strategie allerdings nicht. Schon am ersten Tag haben fast 1,5 Millionen Ugander den Umweg über VPN-Zugänge genommen, um weiter die sozialen Netzwerke zu nutzen. Durch einen VPN-Zugang können die Nutzer auf ausländische Server zugreifen, sodass die ugandischen Behörden keinen Einfluss auf die Internetnutzung nehmen können. Die Blockade habe noch einen anderen Effekt gehabt, sagt Bloggerin Kukunda: "Ugander, die bisher desinteressiert und unpolitisch waren, sagen jetzt ihre Meinung. Vorher war jungen Leuten hier Politik egal." Nun aber sähen sie, dass die Regierung ihre Rechte einschränke. "Jetzt sind sie nicht mehr so apathisch", so Kukunda. Der ugandischen Regierung dürfte das wohl kaum gefallen.
Mathias Kamp von der KAS beobachtet schon seit längerem eine zunehmende Einschränkung demokratischer und bürgerlicher Rechte in Uganda. Die Blockade der sozialen Medien sei aber ein einschneidendes Ereignis gewesen, sagt er. Von den traditionellen Medien habe die Regierung nicht viel zu befürchten, weil sie nicht sehr kritisch seien. "Aber bei den sozialen Medien, wo jeder frei posten kann und wo sich auch gewisse Dynamiken ergeben, ist die Regierung insgesamt sehr besorgt." Kamp fürchtet, dass sich dieser Trend verschärfen wird.
Die Angst der Regierenden
Mit dem Tschad, Sambia, Ghana und der Demokratischen Republik Kongo bereiten sich dieses Jahr die nächsten afrikanischen Länder auf Wahlen vor. Spätestens seit dem "Afrikanischen Frühling", als die Burkinabè im Oktober 2014 ihren Dauerpräsidenten Blaise Compaoré stürzten, dürften sie die Macht der sozialen Netzwerke kennen. Wie beim "Arabischen Frühling" spielten die sozialen Medien bei den Aufständen in Burkina Faso eine wichtige Rolle. Im Januar 2011 hatte Ägypten als wohl erstes Land auf dem Kontinent im Zuge der Proteste quasi das gesamte Land vom Internet getrennt.
Im Tschad zeigt sich schon jetzt, wie die Regierung auf Proteste im Internet reagiert. Seit Tagen blockiert die Regierung unter anderem Facebook. Nach der Vergewaltigung einer Schülerin gehen die Tschader auf die Straße und sie mobilisieren in den sozialen Netzwerken zu weiteren Protesten. Brisant für die Regierung: Unter den Vergewaltigern des Mädchens sollen die Söhne von Generälen der tschadischen Armee sein.
Ein afrikaweiter Trend
Im Sahelstaat Niger hatte die Regierung im Januar 2015 vorübergehend alle digitalen und mobilen Kommunikationskanäle gesperrt. Nach gewaltsamen Demonstrationen gegen die Teilnahme des nigrischen Präsidenten Mahamadou Issoufou an dem Trauermarsch für die Opfer des Anschlags auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" in Paris fürchtete sie, dass per SMS, Facebook oder WhatsApp zu neuen Protesten aufgerufen werden könnte.
Ebenfalls im Januar des vergangenen Jahres hatte auch die Regierung der Demokratischen Republik Kongo Internetseiten und SMS-Dienste gesperrt, als landesweit tausende Menschen gegen ein umstrittenes Wahlgesetz auf die Straße gingen.
Für Mathias Kamp sind die aktuellen Blockaden der sozialen Netzwerke daher keine Einzelfälle: "Gerade bei Regierungen, die autoritär agieren, sind soziale Medien ein entscheidender Faktor. Wir beobachten ganz klar den Trend, dass das zunehmend auf dem Radar der Regierungen ist." Gut möglich also, dass auch der Tschad Musevenis Bespiel folgt und die sozialen Netzwerke während der Wahlen im April sperrt. Aber vielleicht lernen die Nutzer bis dahin aus dem Beispiel Ugandas und umgehen die Blockaden ihrer Regierung mit VPN-Zugängen.