Afrikanische Schweinpest auf dem Vormarsch
30. September 2016Sie ist der Horror der Schweinehalter: die Afrikanische Schweinepest, eine unheilbare Krankheit, gegen die es keinen Impfstoff gibt. Für Menschen ist sie zwar nicht gefährdet, aber infizierte Schweine verenden in wenigen Tagen.
Diese Woche erst wurde der jüngste Ausbruch in Polen registriert. Es ist allein dort der 19. Ausbruch in diesem Jahr.
Von Georgien über Russland bis nach Polen
Schon in den 1990er Jahren war die Afrikanische Schweinepest in Spanien und Portugal ausgebrochen. Damals konnte die Ausbreitung verhindert werden. 2007 gab es dann neue Fälle in Osteuropa. Hier verlief die Ausbreitung schnell. So trat die Krankheit im April in den westlichen Regionen Georgien auf, einen Monat später hatte sie sich schon im ganzen Land verbreitet. Auch in Russland fand man Wildschweine, die sich infiziert hatten. Zwei Jahre später hatten Wildschweine das Virus bis in den Iran gebracht.
Bereits 2013 ergriff die EU Maßnahmen, um eine Ausbreitung in Europa zu verhindern. So mussten Lastwagen aus Russland desinfiziert werden, bevor sie in die EU fahren durften. Trotzdem hat sich die Krankheit weiter ausgebreitet. Inzwischen gibt es die Afrikanische Schweinepest in Estland, großen Teilen Litauens und Lettlands, in den östlichen Randgebieten Polens und selbst auf der italienischen Insel Sardinien. Daneben sind Weißrussland, die Ukraine, Georgien, Armenien, Aserbeidschan und verschiedene afrikanische Staaten betroffen.
Hohe Verluste für Litauens Bauern
Im Jahr 2014 mussten allein in Litauen mehr als 20.000 Schweine zwangsgeschlachtet werden, weil ein Großbetrieb von dem Virus betroffen war. 2015 brach die Krankheit nur noch bei kleinen Haltern auf - insgesamt 50 Schweine mussten getötet werden. Doch die Zahl der Verdachtsfälle steigt wieder. Zudem wurde die Seuche an mehreren weit voneinander entfernten Orten registriert. In diesem Jahr mussten in Litauen bisher 74 Schweine wegen des Verdachts auf Schweinepest geschlachtet werden. Allein in der vergangenen Woche wurden dort neun Fälle von Schweinepest registriert.
Der Kampf gegen die Ausbreitung der Seuche hat den litauischen Staat und die Schweinehalter in den vergangenen zwei Jahren rund 24 Millionen Euro gekostet, schätzen litauische Großbauern. Sie rechnen im kommenden halben Jahr mit Verlusten von etwa zwei Millionen Euro.
1,6 Millionen Euro für Litauens Kampf gegen die Seuche
Betroffen sind vor allem kleine Betriebe mit bis zu 100 Schweinen. Um die weitere Ausbreitung einzudämmen, zahlt die litauische Regierung ihnen, sofern sie sich im 30-Kilometer-Umkreis einer Risikozone befinden, 100 Euro für jedes Schwein, das sie vorsorglich bis November schlachten. Größere Betriebe bekommen die Differenz zu dem Preis ausgezahlt, den sie auf dem lokalen Markt ihren Tieren erzielen würden. Denn Schweine aus Risikogebieten dürfen nicht mehr exportiert werden. Das Angebot auf dem lokalen Markt übertrifft die Nachfrage bei weitem - die Preise sind im Keller. Für die Kompensationszahlungen hat die litauische Regierung, zusammen mit Geldern der Europäischen Kommission, 1,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Paulius Buschauskas, Spezialist des staatlichen Lebensmittel- und Veterinärdienstes, glaubt jedoch nicht, dass sich viele Bauern durch eine Entschädigung dazu zu bringen lassen, ihre Schweinehaltung aufzugeben: Die Bauern hätten im Rentenalter ein monatliches Einkommen von 300 bis 400 Euro, daher sei ein Schwein für sie ein wichtiges Lebensmittel.
Aufwändige Vorsichtsmaßnahmen
In den meisten Fällen bringen wilde Tiere das Virus auf die Bauernhöfe - meistens Wildschweine, aber auch Fliegen und Zecken. Auch Menschen können das Virus unter ihrer Schuhsohle tragen, wenn sie vorher beispielsweise im Wald Beeren und Pilze gesammelt haben.
Um ihre Bauernhöfe vor dem Virus zu schützen, legen die Bauern in gefährdeten Gebieten an den Stalltüren spezielle Desinfikationsteppiche aus. Es ist verboten, die Schweine draußen zu halten und mit Essensabfällen zu füttern.
Kommt es zu einem Ausbruch, müssen in den betroffenen Betrieben alle Schweine geschlachtet, die Kadaver richtig entsorgt und die Ställe desinfiziert werden. Das verseuchte Fleisch darf nicht direkt konsumiert und auch nicht weiterverarbeitet werden.
Proteste von Tierschützern
"Man muss der Krankheit einen Riegel vorschieben", warnt Algis Baravykas, Chef des litauischen Schweinezüchter-Verbands. "Ansonsten wird sie sich in Europa immer weiter ausbreiten." Die größte Gefahr gehe hierbei von Wildschweinen aus.
Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, wird darüber nachgedacht, ob und wie sich die Population der Wildschweine regulieren lässt. Im litauischen Parlament gab es den Vorschlag, dass Jäger künftig Visiereinrichtungen für die Jagd bei Nacht benutzen dürfen. Das hat zu Protesten von Tierschutzorganisationen geführt, die nicht wollen, dass Wälder zu "Schlachthöfen" werden.