Staatsbesuch in Bagdad
2. März 2008Man hoffe in den USA nur, dass Teheran seine Unterstützung für radikale Milizen im Irak einstelle - so ein Sprecher der US-Regierung. Sonst begrüße man jede Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen zwischen den beiden so lange verfeindeten Staaten. Allzu wohl scheint Washington aber trotzdem nicht zu sein, wenn der erste Staatsbesuch eines anderen islamischen Staatsoberhaupts in Bagdad ausgerechnet der von George W. Bushs "Lieblingsfeind" ist. Denn es dürfte den Amerikanern klar sein, dass Ahmadinedschad mit seinem Besuch am Sonntag (2.3.2008) weiter punktet und dass er die USA auch in einige Verlegenheit bringt.
Ahmadinedschad wurde von seinem irakischen Amtskollegen Dschalal Talabani in der streng kontrollierten "Grünen Zone" empfangen, in der auch die US-Botschaft und das Parlamentsgebäude liegen. Ahmadinedschads Besuch war offiziell angekündigt, während US-Präsident Bush sich bisher immer nur ohne jede Vorankündigung in den Irak begeben hatte und dies auch nie "Staatsbesuche“ waren: Zwar traf er sich dabei auch mit Regierungschef Nouri al-Maliki und anderen Offiziellen, es blieb aber immer deutlich, wer hier das Sagen hat. Und beim letzten Mal besuchte Bush sogar nur eine Militärbasis im Irak. Ein deutlicher Hinweis, dass es ihm dabei in erster Linie um die eigene - amerikanische - Innenpolitik ging.
Unübersehbarer Machtfaktor Ahmadinedschad geht es - keine zwei Wochen vor den iranischen Parlamentswahlen - hingegen nur sehr begrenzt um Innenpolitik: Er will demonstrieren, dass sein Land - und er als dessen Präsident - nun einmal ein unübersehbarer Machtfaktor in der Region sind. Ohne den Iran wird es keine Lösung der Probleme im Irak geben können, gegen den Willen des Iran erst recht nicht. Der US-Präsident hat dies widerwillig längst akzeptiert und bilateralen Gesprächen zwischen seinem Botschafter in Bagdad, Ryan Crocker und dessen iranischem Counterpart, Hassan Kazemi Qomi, zugestimmt: Zweimal trafen sich beide ohne jedoch nennenswerte Fortschritte zu machen. Ein drittes Treffen wurde kürzlich von iranischer Seite verschoben - auch hier zeigt sich immer deutlicher, wer letztlich die Spielregeln diktiert. Ahmadinedschad wird in Bagdad neben Talabani auch mit Regierungschef Nouri al-Maliki sprechen. Beide - Talabani eine Kurde, Maliki Schiit - sind in ihrer Amtszeit schon wiederholt im Iran gewesen, sie kennen das Nachbarland aber auch aus der Saddam-Zeit, als sie dort Jahre im Exil verbringen mussten. Beide sind Teheran aus jeden Tagen in Dankbarkeit verbunden und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass sie gleichzeitig eng und gut mit den USA zusammenarbeiten. Politisches Kalkül Beide Politiker wollen natürlich den Rückzug der Amerikaner, aber sie wissen, dass das nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist. In Teheran weiß man das natürlich auch und so hält man sich bei aller Konfrontation mit Washington auf anderen Bereichen in der Irak-Frage weitgehend zurück. Die Forderung nach einem amerikanischen Rückzug ist iranischen Freitagsreden vorbehalten, gleichzeitig weiß man im Iran natürlich nur zu gut, dass die amerikanische Präsenz im Nachbarland einem ein famoses Druckmittel in die Hand gibt: Sollte Washington sich doch zu gewaltsamem Vorgehen gegen den Iran entschließen, dann gefährdet es damit seine Truppen im Irak, die verstärkt ins Visier des Iran und dessen irakischer Verbündeten gerieten. Wenn Washington schon aus diesem Grund nicht an einer Eskalation gegenüber dem Iran gelegen sein dürfte, so will Teheran auch keinen neuen Ausbruch von Gewalt: Nach so langen Jahren des Krieges und danach kaum kaschierter Feindschaft mit dem Irak könnte man im Iran den USA fast dankbar dafür sein, das Saddam-Regime beseitigt und statt dessen Iran-freundliche Politiker an die Macht gebracht zu haben. Politisches Kalkül verbietet Teheran zwar ein solches Eingeständnis, aber der Iran ist dennoch sehr an einem Ausbau guter und friedlicher Beziehungen zum Nachbarland interessiert. So gibt es bereits Großprojekte wie den Ausbau von Straßen, der Eisenbahn oder des Erdöl-Exports. Der Iran hat besonders den Südirak als Markt für seine Exportgüter entdeckt und auch in Sicherheitsfragen wird eng zusammengearbeitet. Besuch der Heiligen Städte Genau das missfällt natürlich den Amerikanern. Besonders, wenn Waffen aus dem Iran in die falschen Hände gelangen - etwa die der "Mehdi-Armee“ des Schiitenführers Moqtada a-Sadrs. Oder wenn iranische Experten schiitische Milizionäre ausbilden, die ihr Wissen dann auch gegen die Amerikaner einsetzen könnten. Der Besuch Ahmadinedschads soll beweisen, dass Washington an all diesen Dingen nichts mehr ändern kann.Besonders wenn der Iraner auch noch die Heiligen Städte Nadschaf und Kerbala besucht, will er damit beweisen, dass er in der Region ein anerkannter und akzeptierter Mann ist, die Amerikaner hingegen ein Fremdkörper.