Iran Wahlen
20. April 2013Mahmud Ahmadinedschad kämpft um sein Erbe. Laut Angaben der halbamtlichen Nachrichtenagentur MEHR versammelten sich am Donnerstag (18.04.) bis zu 45.000 seiner Anhänger zu einer Kundgebung im Teheraner Azadi-Stadion.
Hochrangige Vertreter der Sicherheitskräfte und Revolutionsgarden hatten ausdrücklich davor gewarnt, diese Versammlung zu gestatten. Das Regierungslager wolle die mit Steuergeldern finanzierte Veranstaltung nutzen, um für Ahmadinedschads engsten Berater und Wunschnachfolger Esfandiar Rahim-Mashaei Wahlkampf zu betreiben, so die Befürchtung der konservativen Kritiker des Amtsinhabers. Politische Beobachter glauben seit langem, dass Ahmadinedschad dem Vorbild von Russlands Präsident Wladimir Putin folgen will, der in der gleichen Situation einen Verbündeten als Präsident installiert hatte - um bei den nächsten Wahlen den Platz des Präsidenten erneut einzunehmen.
Doch von Wahlkampf war im Azadi-Stadium kaum etwas zu spüren. Ahmadinedschad ging in seiner Rede nicht auf die kommenden Präsidentschaftswahlen ein. Er verzichtete sogar auf den inoffiziellen Wahlslogan des Regierungslagers: "Es lebe der Frühling". Zur Überraschung vieler Teilnehmer erschien nicht einmal Rahim-Mashaei. Sie vermuteten, dass das Präsidentenlager eine Eskalation in der aufgeheizten innenpolitischen Atmosphäre des Gottesstaates vermeiden wollte.
Machtkampf unter Konservativen
Seit Chomeinis Revolution 1979 ist das politische System Irans von der Spannung zwischen weltlicher und geistlicher Macht gekennzeichnet. Gewählten Institutionen wie Parlament und Präsident steht der oberste geistliche Führer gegenüber, der das letzte Wort beansprucht. Die Zeiten, in denen Ahmadinedschad den Rückhalt des gesamten konservativen Spektrums einschließlich der religiösen Führung genoss, sind vorbei. Schulter an Schulter standen 2009 Regierung und religiöse Kräfte, als die oppositionellen Reformer, die sogenannte Grüne Bewegung, auf Massendemonstrationen den Wahlsieg Ahmadinedschads und das politische System insgesamt in Frage stellten.
Nach der Ausschaltung der Reformbewegung ist zwischen den Anhängern Ahmadineschads und denen Chameneis der Kampf um das Machtmonopol im Iran entbrannt. Beide Lager werfen einander vor, die Fälschung der kommenden Wahl zu planen. Doch das hält der Reformpolitiker Esmail Gerami-Moghaddam wegen der Spaltung der Konservativen für unwahrscheinlich: "Dafür sind die verfeindeten Blöcke dieses Mal viel zu wachsam", erläutert er gegenüber der Deutschen Welle.
Provokation und Konfrontation
Je näher der Wahltermin rückt, desto schärfer werden die gegenseitigen Angriffe. So bezichtigte Ahmadinejdschad jüngst im Parlament die Familie des Parlamentpräsidenten und engen Verbündeten Chameneis, Ali Larijani, der Korruption und sorgte damit für einen Eklat. Provozierend auch sein Auftreten bei der Beisetzung Hugo Chávez' in Caracas, als er die Mutter des verstorbenen Präsidenten umarmte - eine Sünde aus Sicht der streng Religiösen. Ahmadinedschads Berater Rahim-Mashaei ist kein Freund der Geistlichkeit.
Der Präsident lasse den nötigen Respekt für die Werte und Institutionen des Gottesstaates vermissen, heißt es. "Wer sich von der Geistlichkeit entfernt, wird auf den Irrweg geraten", so der ultrakonservative Geistliche und ehemalige Mentor des Präsidenten, Ayatollah Mesbah Yazdi.
Chancen auf Wahlsieg?
Sollte Rahim-Mashaei oder ein anderer Vertreter des Regierungslagers eine Zulassung zur Wahl erhalten, hätte er durchaus Erfolgschancen, glaubt der Iran-Experte der Heinrich-Böll-Stiftung, Bahman Nirumand. Ahmadinedschad habe in den vergangenen Jahren verstärkt die Unterstützung jener Bevölkerungsteile gesucht, die sich weder mit der Grünen Bewegung noch mit dem Klerus identifizieren. So wurden Almosen unter den Armen in den Provinzen verteilt. Mit der städtischen Klientel im Blick erteilte Ahmadinedschad persönlich der Sittenpolizei Anweisungen, ihre Kontrollen zu lockern. Diese Maßnahmen seien bei der Bevölkerung nicht ohne Wirkung geblieben, meint Nirumand.
Das Lager um den geistlichen Führer und die ihm nahestehenden Medien tun jedoch ihr möglichstes, um das Lager des Präsidenten zu diskreditieren. Sie geben Ahmadinedschad die Hauptschuld an der schlechten wirtschaftlichen Lage, auch von Korruption ist häufig die Rede. Eben dieser Vorwurf könnte nach den Wahlen für Ahmadineschad unangenehm werden.
"Er weiß, dass ihm und seinen Verbündeten bei einem Machtverlust Inhaftierung droht", glaubt der Reformpolitiker Mostafa Tajzadeh. Der Iran-Experte der University of Birmingham, Scott Lucas, hält aber im Gespräch mit der Deutschen Welle auch ein anderes Szenario für denkbar: "Möglicherweise sieht das Regime von einer Strafverfolgung Ahmadinedschads und seiner Verbündeten ab, wenn diese im Gegenzug ihre 'Geheimdokumente' unter Verschluss halten" - Geheimdokumente, die angeblich Chameneis Verbündete belasten.