Ai Weiwei: Hier spricht die Kunst
Die frühen Jahre
Provokante Aktionen – so begann Ai Weiweis künstlerische Karriere. 1979 gründet er mit anderen Künstlern die „Stars“-Gruppe in Peking. Eine kurze Episode chinesischer Avantgarde – mit Protesten, öffentlichen Lesungen und Performances. Wegen des wachsenden politischen Drucks löst sich die Gruppe 1983 auf. Da lebt Ai Weiwei bereits seit zwei Jahren im New Yorker Exil und studiert Film und Kunst.
Kunst als Protest
"Dropping a Han Dynasty Urn" eine Urne aus der Han Dynastie fallen lassen. Ein Akt der Zerstörung: Ai Weiwei stellte sich hin und ließ die wertvolle 2000 Jahre alte Vase fallen – so protestiert er 1995 gegen die Vernichtung kulturellen Erbes in China. Die Aktion ist in einem schwarz weiß Tryptichon festgehalten. Ein ikonisches Werk, das provoziert.
Der internationale Durchbruch
Die Documenta 12 macht Ai Weiwei 2007 schlagartig international berühmt. Für sein Happening „Fairytale“ schickt er 1001 Chinesen nach Kassel. 3,1 Millionen Dollar kostete das Projekt. Noch bekannter allerdings seine Arbeit „Template“. Ein Sturm zerstört die Installation aus Türen und Fenstern alter Häuser, die dem Bauboom in China zum Opfer gefallen sind. Ai Weiwei gefällt das kollabierte Werk.
Späte Reue
Mit den Architekten Herzog & de Meuron entwirft Ai Weiwei das „Bird’s Nest“, das neue Olympiastadion in Peking für die Olympischen Spiele 2008. Eine Arbeit, die der Künstler und Architekt später bereut. Er gibt zu, sich für die Propaganda der chinesischen Regierung habe einspannen lassen. Während offiziell die Weltoffenheit Chinas zelebriert worden sei, sei die Bevölkerung unterdrückt worden.
Stumme Anklage
Mit 9.000 Schulranzen verkleidet Ai Weiwei 2010 die Fassade des Hauses der Kunst in München. Von weitem ist zu lesen: "Sieben Jahre lang lebte sie glücklich in dieser Welt." Ai erinnert an die mehr als 5.000 Kinder, die 2008 beim Erdbeben in Sichuan unter den Trümmern kollabierter Schulen ums Leben kamen. Korruption und Pfusch - vermeintlich die Ursachen für die eingestürzten Schulgebäude.
In Lebensgefahr
2009 entkommt Ai Weiwei knapp dem Tod. In München muss er wegen eines Blutgerinsels im Kopf operiert werden. Eine Folge der körperlichen Misshandlungen durch die chinesische Polizei. Die hatte ihn kurz zuvor in Sichuan verhaftet, wo Ai Weiwei vor Gericht zum Fall des Bürgerrechtlers Tan Zuoren aussagen will. Es geht um die Mitschuld der Regierung an den beim Erdbeben eingestürzten Schulen.
Ai Weiwei polarisiert.
Für seine Anhänger ist er einer der wichtigsten politischen Künstler unserer Zeit, seinen Gegnern ist seine Kunst oft zu plakativ. Überwachungskameras aus Marmor, ein detailgetreuer Nachbau seiner Zelle – die Kritik an China, Überwachung, Konsum, Korruption, radikaler Fortschrittsglaube – Ai Weiwei ist nicht subtil, er bringt vieles offensichtlich auf den Punkt.
Wo ist Ai Weiwei?
100 Millionen handgefertigte Sonnenblumenkerne aus Porzellan, zu sehen in der Tate Modern Galerie in London 2010. Sie symbolisieren das Verhältnis des Einzelnen zur Masse und die Massenproduktion „Made in China“. Am 3. April 2011 wird Ai bei der Ausreise aus Peking festgenommen. 81 Tage lang ist er verschwunden. Die Schau wird zum Ort des Protests für Ai Weiweis Freilassung.
Keine Kunst mit Lego?
2015 bestellt Ai eine riesige Ladung Lego-Steine für eine Ausstellung mit dem Titel „Andy Warhol/Ai Weiwei“ in Melbourne. Mit den Steinen will er Porträts von Bürgerrechtsaktivisten nachbauen. Doch Lego verweigert den Verkauf. Man wolle keine politischen Projekte unterstützen. Fans von Ai rufen im Internet zu Spenden auf. Ai Weiwei wird mit Lego-Steinen aus aller Welt überschüttet.
Stimme der Flüchtlinge
Seit 2015 das europäische Umverteilungsabkommen zur Aufnahme der Flüchtlinge verabschiedet wurde, hat Tschechien nur zwölf in Griechenland gestrandete Flüchtlinge aufgenommen. Ausgerechnet in Prag zeigt Ai Weiwei 2017 eine Skulptur, die an die mehr als zehntausend Menschen erinnert, die bei der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind. Viele Tschechen empfinden die Schau als Provokation.