Air Berlin bittet Bund um Geld
21. Oktober 2017Air Berlin bittet die Bundesregierung um Finanzhilfen für eine Beschäftigungsgesellschaft. Die insolvente Fluglinie werde selbst bis zu zehn Millionen Euro beisteuern, brauche aber für die geplante Transfergesellschaft noch Geld der öffentlichen Hand. Das geht aus einem Brief der Konzernspitze an Bundeskanzlerin Angela Merkel hervor, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. "Hierzu hoffen wir auf die Unterstützung der betroffenen Länder und des Bundes, setzen aber auch auf die Verantwortung der Käufer unseres Unternehmens." Zuerst hatten die Zeitungen "BZ" und "Bild" darüber berichtet.
Die Transfergesellschaft soll Mitarbeiter, für die es vorerst keine Perspektiven gibt, qualifizieren und in andere Jobs vermitteln. Air Berlin rechnet damit, dass rund 4000 Beschäftigte in diese Einrichtung wechseln könnten. Mit Piloten wären es laut Kalkulation 4500. Die Kosten für die Transfergesellschaft dürften sich - je nach Modellrechnung - auf bis zu rund 65 Millionen Euro belaufen. In dem Brief bittet der Konzern die öffentliche Hand um die finanzielle Unterstützung bei den sogenannten Overhead-Kosten, die nicht einzelnen Posten zugeordnet werden können, und bei den sogenannten Remanenzkosten. Dazu gehören etwa Sozialabgaben für Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung wie auch die Lohnzahlungen für Urlaubs- und Feiertage.
Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums hatte allerdings vor Kurzem gesagt, es gebe keine gesetzliche Grundlage für Beiträge des Bundes an eine Transfergesellschaft für Air Berlin, abgesehen von der Bundesagentur für Arbeit. Die Airline verhandelt auch mit Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern, wo es jeweils Standorte gibt, über finanzielle Hilfen. Air Berlin hatte im August Insolvenz angemeldet und kann den Flugbetrieb nur dank eines Staatskredits von 150 Millionen Euro fortsetzen.
Gespräche mit Easyjet dauern an
Die Verhandlungen mit Easyjet über die Übernahme von rund 25 Air-Berlin-Maschinen ziehen sich unterdessen in die Länge. Die Gespräche dauerten über das Wochenende an, erklärte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann. Dies gelte auch für die Gespräche mit Bietern für die Technik-Sparte und die Frachttochter Leisure Cargo. "Heute ist das Ende der exklusiven Verhandlungsfrist mit Easyjet", betonte Winkelmann. Dies dürfte ein klares Signal an die Briten sein, dass der Konzern Gespräche mit anderen Interessenten wie der Thomas Cook-Tochter Condor nun wieder intensiviert.
Denn die Zeit drängt. Air Berlin will noch bis Ende nächster Woche einen Deal unter Dach und Fach bringen, da der Flugbetrieb in eigener Regie am 27. Oktober endet. Ein Condor-Sprecher äußerte sich dazu nicht. Air Berlin sei sich mit Easyjet zwar grundsätzlich einig, berichtete die "Bild"-Zeitung. Doch die Briten pochten auf Vorabzusagen der EU hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Vorschriften sowie des Flughafenkoordinators wegen der Übertragung von Start- und Landerechten. "Diese Zusagen kann niemand vorab geben", zitierte das Blatt eine an den Verhandlungen beteiligte Person.
Ticket-Aktion für im Ausland gestrandete Air Berlin-Kunden
Die Lufthansa-Tochter Eurowings hat angekündigt, nach dem Ende des Flugbetriebs von Air Berlin am 27. Oktober einigen gestrandeten Passagieren günstigere Rückflugtickets anzubieten. Wenn sie für die Heimreise ein Ersatzticket bei Eurowings buchten, bekämen sie 50 Prozent des neuen Flugpreises erstattet, sagte der Chef der Fluggesellschaft, Thorsten Dirks, am Freitag in Berlin.
Lufthansa-Vorstandsmitglied Harry Hohmeister sagte der "Berliner Morgenpost", das Angebot gelte auch für die Konzernmutter sowie die Töchter Austrian und Swiss. Es gibt aber mehrere Voraussetzungen: Die Kunden müssen noch vor dem Insolvenzantrag am 15. August einen Hin- und Rückflug bei Air Berlin gebucht haben - und zwar ins Ausland. Der Rückflug, den Air Berlin nun storniert, muss zwischen dem 28. Oktober und 15. November liegen.
Innerdeutsche Verbindungen sind von der Aktion ausgeschlossen. Ob Passagiere überhaupt in größerem Umfang stranden, ist unklar. Bundesjustizminister Heiko Maas hatte die Lufthansa zu Kulanz aufgefordert. Lufthansa solle Air-Berlin-Tickets auf den von ihr übernommenen Strecken akzeptieren. Rund 200.000 Tickets verlieren wegen der Air-Berlin-Insolvenz ihre Gültigkeit. Geld zurück gibt es nur für Flüge, die nach dem 15. August gebucht und bezahlt wurden.
Dirks sagte, Eurowings mache nun für diejenigen ein Rabattangebot, die etwa mit Familie auf einer griechischen Insel strandeten. Dass das günstigere Ticketangebot nicht für Rückflüge auf deutschen Strecken gelte, begründete Dirks auch mit fehlenden Kapazitäten. Es könne auch nicht im Sinne des Verbraucherschutzes sein, wenn sie eigene Kunden dafür stehenlassen müssten, sagte er.
tko/bor (rtr, dpa)