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'Auf der anderen Seite'

26. September 2007

Sechs Menschen bringt Fatih Akin in seinem neuen Film "Auf der anderen Seite" in schicksalhafte Verbindung. Der Regisseur selbst hat mittlerweile ein echtes Luxusproblem: Goldene Palme - oder doch lieber einen Oscar?

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Ayten Öztürk (Nurgül Yesilcay) ist eine von sechs Protagonisten des Films 'Auf der anderen Seite'
Ayten Öztürk (Nurgül Yesilcay) ist eine von sechs Protagonisten des neuen Akin-FilmsBild: picture-alliance/dpa

"Es war wie ein Puzzle, ein Mosaik. Ich habe immer einen Baustein nach dem anderen gefunden", beschreibt Regisseur Fatih Akin die Filmgenese von "Auf der anderen Seite". In seinem neuen Film verknüpft Akin die Schicksale von sechs Menschen zwischen Deutschland und der Türkei. Da gibt es zunächst den Witwer Ali, der in Bremen als Taxifahrer gearbeitet hat und nun die Rentenjahre nicht allein verbringen will. Im Rotlichtbezirk seiner Stadt trifft er auf die Prostituierte Yeter, von der er sich auf Anhieb verstanden glaubt. Denn beide haben sich ihrer türkischen Heimat entfremdet, ohne je in Deutschland ganz heimisch geworden zu sein.

Nejat (Baki Davrak, links) ist gegenüber der Geliebten seines Vaters, Yeter (Nursel Köse), zunächst sehr skeptisch
Nejat (Baki Davrak, links) ist gegenüber der Geliebten seines Vaters, Yeter (Nursel Köse), zunächst sehr skeptischBild: picture-alliance/dpa

Ali macht Yeter einen Antrag. Doch das Glück der beiden ist nur von kurzer Dauer, Yeter stirbt bei einem Unfall. Da bricht Alis Sohn Nejat, der es zum Professor an einer deutschen Universität gebracht hat, überraschend nach Istanbul auf, um dort Yeters verschollene Tochter Ayten aufzuspüren. Doch Ayten, eine politische Aktivistin und ständig auf der Flucht vor der türkischen Polizei, ist bereits illegal nach Deutschland eingereist. Dort trifft sie auf die Studentin Lotte, die ihr Unterschlupf gewährt. Die beiden jungen Frauen verlieben sich ineinander, eifersüchtig beobachtet von Lottes gluckenhafter Mutter.

Akin will Trauernde trösten

Fatih Akin bei den Dreharbeiten zu 'Auf der anderen Seite'
Fatih Akin bei den DreharbeitenBild: picture-alliance / KPA Archival Collection

Doch nach Yeter muss noch ein weiterer Mensch sterben, um den deutsch-türkischen Schicksalsreigen am Laufen zu halten. Die Enttabuisierung des Themas Tod ist denn auch eines der großen Anliegen des Regisseurs. Der Tod verbinde alle Menschen miteinander, sagte der Regisseur. "Natürlich ist das Sterben schrecklich, und wir haben auch alle Angst davor. Aber dennoch sollte man nicht ohne Würde mit dieser Angst umgehen", sagte Akin. "Mein größter Wunsch wäre es, wenn jemand den Film sieht, der vor kurzem einen Todesfall hatte und der Film kann ihn trösten."

Tod und Trauer sind aber nur zwei der großen Themen, die Akin in "Auf der anderen Seite" anschneidet. Die Sujets Immigration und Asylrecht, Zusammenprall der Kulturen, politischer Aktivismus, familiäre Konflikte und Liebe schneidet Akin ebenfalls an, sodass der Film streckenweise überfrachtet und einige Storyelemente konstruiert wirken.

Was hätten's denn gern: Oscar oder Palme?

Allerdings werden die manchmal willkürlich scheinenden Verknüpfungen der Episoden durch Akins beeindruckende Schauspielführung mehr als ausgeglichen. In kleinen, aber starken Gesten und mit ergreifenden Bildern gelingen ihm wunderbare Figurenporträts: die lebensweise Knorrigkeit des Vaters, der kämpferische Elan Aytens, die kontemplative Ruhe Nejats.

Die türkische Aktivistin Ayten (Nurgül Yesilcay, links) und die deutsche Studentin Lotte (Patrycia Ziolkowska) verlieben sich ineinander
Die türkische Aktivistin Ayten (Nurgül Yesilcay, links) und die deutsche Studentin Lotte (Patrycia Ziolkowska) verlieben sich ineinanderBild: picture-alliance/dpa

Mit "Auf der anderen Seite" setzt Akin nicht nur die mit "Gegen die Wand" begonnene Trilogie "Liebe, Tod und Teufel" fort. Akin hat damit auch beste Chancen, an den Erfolg von "Gegen die Wand" anzuknüpfen: Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes wurde "Auf der anderen Seite" bereits mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Außerdem wird der Film als deutscher Beitrag ins kommende Rennen um den "Auslandsoscar", den Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film, geschickt.

Dabei könnte der deutsch-türkische Filmemacher bei der nächsten Oscar- Verleihung gleich doppelt auf der Liste der Nominierten stehen. Denn die Türkei will mit dem von ihm produzierten Streifen "Takva - Gottesfurcht" antreten. "Das wäre ein sehr luxuriöses Gefühl, mit sich selbst in Konkurrenz zu stehen", sagte Akin. Und trotzdem würde der 34-Jährige eigentlich lieber eine Goldene Palme für den besten Film bekommen, denn: "Ich bin Europäer". (ana)

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