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Aktionäre strafen Cromme ab

19. Januar 2013

Milliardenverluste und Missmanagement: Auf der Hauptversammlung von ThyssenKrupp flogen die Fetzen. Vor allem Aufsichtsratschef Cromme stand im Kreuzfeuer. Fast jeder dritte Aktionär verweigerte ihm die Entlastung.

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Gerhard Cromme (r), Aufsichtsratsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, spricht am 18.01.2013 in Bochum (Nordrhein-Westfalen) während der Hauptversammlung zu den Aktionären. Seine Rede verfolgt Berthold Beitz (l), Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates. Die Aktionäre des größten deutschen Stahlkonzerns ThyssenKrupp sind zur Hauptversammlung zusammengekommen. Foto: Roland Weihrauch/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Verärgerte Aktionäre des angeschlagenen Stahlriesen ThyssenKrupp haben den Aufsichtsrat um Chefkontrolleur Gerhard Cromme heftig attackiert. Angesichts eines Fehlbetrages von rund fünf Milliarden Euro im vergangenen Geschäftsjahr sprachen zahlreiche Anteilseigner bei der Hauptversammlung in Bochum von einem "Desaster".

In der Vergangenheit sei im Kontrollgremium nicht alles optimal gelaufen, sagte Cromme dazu. Jede persönliche Schuld stritt er ab, räumte jedoch ein: "Wenn Sie mich fragen, ob wir als Aufsichtsrat in der Vergangenheit etwas hätten besser machen könne, dann will ich ehrlich sagen: Ja, wir haben zu lange vertraut, wir hätten früher handeln können." Der Aufsichtsrat habe sofort Konsequenzen gezogen, als die Fakten auf dem Tisch lagen. Mehrere unabhängige Experten hätten dem Gremium zudem bestätigt, seinen Überwachungspflichten in allen Phasen des Projekts "auf hohem Niveau gerecht geworden" zu sein.

Crommes Rücktritt gefordert

Nach stundenlanger Aussprache erteilten die Aktionäre dem Vorstand und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung. Allerdings erhielten die Manager nur zwischen 62 und 76 Prozent der Stimmen. Einige Aktionäre hatten dazu aufgerufen, dem Kontrollgremium einen Denkzettel zu verpassen und die Entlastung zu verweigern. Andere verlangten Crommes Rücktritt. Der 69-jährige Manager wurde schließlich mit 69 Prozent der Stimmen entlastet. Vor einem Jahr hatte er noch 95 Prozent hinter sich.

Cromme steht seit 2001 an der Spitze des Kontrollgremiums. Einige Aktionäre machen ihn für das Desaster mit den neuen Stahlwerken in Übersee mitverantwortlich. Die Kosten für die Werke waren auf zwölf Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Zum ersten Mal seit der Fusion von Thyssen und Krupp 1999 erhalten die Aktionäre keine Dividende.

ThyssenKrupp in der Krise

Konzernchef Heinrich Hiesinger, der erst Anfang 2011 zu ThyssenKrupp kam und damit nach den Fehlinvestitionen in neue Stahlwerke, wurde mit 70 Prozent der Stimmen entlastet.

Er versprach einen umfassenden Umbau des tief in die Verlustzone gestürzten Konzerns. Zu den wichtigsten Zielen gehöre es, die Finanzen des hoch verschuldeten Unternehmens zu stabilisieren und das Technologiegeschäft auszubauen. Änderungen müsse es auch bei der Unternehmenskultur geben.

"Aus der Spur geraten"

Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), nannte das derzeitige Bild des Konzerns "verheerend". Viele Aktionäre seien entsetzt. Ein Aktionärssprecher sagte: "Nie zuvor ist in Deutschland eine große Publikumsgesellschaft so aus der Spur geraten, wie ThyssenKrupp."

Angesichts des Milliardenverlustes im vergangenen Jahr verzichtete der Aufsichtsrat auf die Hälfte seiner Vergütung. Das entspricht insgesamt rund 700.000 Euro. Cromme verliert etwa 100.000 Euro und sagte: Der Aufsichtsrat wolle mit dieser Geste seine Betroffenheit und Solidarität mit den Aktionären zum Ausdruck bringen.

GD/rb (dapd, dpa)