Aktivisten: 150.000 Menschen fliehen aus Afrin
17. März 2018Aus der mehrheitlich kurdischen Stadt Afrin in Nordsyrien sind nach Angaben von Aktivisten seit Mittwochabend mehr als 150.000 Zivilisten vor der Offensive der türkischen Armee geflohen. In der Nacht zum Samstag habe es heftige Kämpfe am Nordrand der Stadt gegeben, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die türkischen Truppen und ihre syrischen Verbündeten versuchten, in die Stadt vorzudringen.
Zuvor hatte die Beobachtungsstelle erklärt, die türkische Armee habe das wichtigste Krankenhaus in Afrin beschossen und 16 Zivilisten getötet, darunter zwei schwangere Frauen. Die Türkei weist das zurück. Das Militär führe seine Schläge so, dass Zivilisten nicht zu Schaden kämen, erklärte die Armee im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Letzter Ausweg: Süd-Korridor
Afrin ist beinahe komplett umzingelt. Lediglich im Süden gibt es einen Fluchtkorridor, der es den Bewohnern ermöglicht, die Stadt in zwei Richtungen zu verlassen: entweder zu den Kurdengebieten oder zu Regionen, die unter Kontrolle der syrischen Regierung stehen. Die mehr als 150.000 Zivilisten, die sich in den vergangenen Tagen auf den Weg gemacht hätten, seien über diesen "Süd-Korridor" geflüchtet, heißt es von der Beobachtungsstelle.
Die Türkei bekämpft die kurdische YPG-Miliz, die sie als syrischen Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und damit als Terrororganisation betrachtet. Ankara versucht seit längerem, eine zusammenhängende kurdische Einflusszone im eigenen Grenzgebiet zu Syrien und dem Irak zu verhindern.
Auch im Südwesten Syriens, in Ost-Ghuta bei Damaskus, hält der Flüchtlingsstrom an. Allein an diesem Samstag hätten rund 10.000 Menschen die Rebellenhochburg über den Kontrollpunkt Hamuria verlassen, berichtet die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien. Sie bezieht ihre Informationen von einem weit verzweigten Netzwerk aus Syrien. Die Angaben lassen sich kaum unabhängig prüfen.
Viele Tote bei Luftangriffen in Ost-Ghuta
Überdies melden die Aktivisten neue Luftangriffe in Ost-Ghuta. In der Stadt Samaika seien 30 Zivilisten getötet worden, als sie versucht hätten, das belagerte Gebiet zu verlassen. Wer die Attacken flog, ist noch unklar. Die syrischen Truppen werden von russischen Streitkräften unterstützt. Russland ist die wichtigste Schutzmacht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.
Ost-Ghuta steht seit längerem unter Beschuss der syrischen Armee. Das Gebiet grenzt an die Hauptstadt und steht seit 2013 unter Kontrolle der Aufständischen. Die überwiegend radikal-islamischen Gruppen feuern ihrerseits immer wieder Granaten und Raketen auf Damaskus.
jj/ww (dpa, afp, rtr)