Alexander Calder und die Poesie der Bewegung
Ohne Alexander Calder gäbe es das Mobile nicht als Kunstobjekt. Die grazilen luftbewegten Konstruktionen des US-Avantgarde-Künstlers sind heute weltberühmt. Eine Ausstellung in der Londoner Tate Modern lässt staunen.
Meditieren über Luft und Bewegung
Der sinnlichen Faszination eines Mobiles kann man sich kaum entziehen. Die nur vom Lufthauch bewegten Gebilde ändern ständig ihre Form. Ihr Anblick hat etwas Meditatives und bringt die Seele zum Schwingen. Dass es das Mobile in der Kunst zu Weltruhm gebracht hat, ist dem US-Künstler Alexander Calder (1898-1976) zu verdanken.
Der europäische Amerikaner
Calder ist auch ein europäischer Künstler: Von 1926 bis 1933 lebte er für einige Jahre in der französischen Hauptstadt. Hier entstanden seine ersten Mobiles, jene beweglichen Skulpturen, für die er später berühmt wurde. Sein Erfolgsrezept: die Verbindung von technischer Perfektion mit poetischer Anmutung.
Mondrian als Ideengeber
Es war Piet Mondrian, der Calder nachhaltig beeindruckte. Als Calder 1930 das Pariser Atelier des niederländischen Malers der schwarzen Raster mit den blauen, gelben und roten Rechtecken besuchte, begann er, ebenfalls abstrakt zu malen. "Wie schön, wenn sich alles drehen würde", bemerkte Calder und fing an, grazile Mobiles mit geometrischen Formen zu bauen.
Mobile Revolution
Mit seinen Konstrukten in den typischen Mondrian-Farben, die an kreisende Planeten erinnern, löste Calder eine Revolution in der Bildhauerei aus. Er setzte Kurbeln, Hebel und später Motoren ein, mit denen sich die Gebilde in Gang setzen ließen. Calder gehörte zur Pariser Künstlerszene. Seine Freunde Man Ray und Marcel Duchamp experimentierten ebenfalls mit der kinetischen Kunst.
Phantasiewelt aus Draht
Auch Schmuckobjekte fertigte Calder an. Der gelernte Ingenieur ließ dabei seinem Spieltrieb freien Lauf. In jungen Jahren ließ er einen Koffer-Zirkus aus Miniatur-Akrobaten, Tieren und Löwenbändigern aufmarschieren.
Revolutionär der Skulptur
Der strenge Purismus war nicht seine Sache: Calder liebte es verspielt. Heute gilt er als Neuerer der gegenstandslosen Skulptur. Calders Quecksilberbrunnen ("Fuente de Mercurio") entstand zur Weltausstellung in Paris im Jahre 1937 für den spanischen Pavillon und steht jetzt im Museum Fundació Joan Miró in Barcelona.
Ein BMW Art Car vom Meister des Leichten
Nicht nur Mobiles, Drahtporträts, hölzerne surrealistische Figuren und tonnenschwere meterhohe "Stabiles" aus Stahl fertigte der Künstler: Für den deutschen Autohersteller BMW gestaltete er 1975 eines der berühmten Art Cars.
In Deutschland sehr gefragt
Auch Deutschlands Kunstwelt huldigt Alexander Calder. Werke des Amerikaners waren bei drei documenta-Ausstellungen in Kassel zu sehen. Zuletzt präsentierte die Kunstsammlung NRW 2013 eine Überblicksschau Calders. Im Sprengel-Museum Hannover bildet ein Calder-Saal das neue Herzstück des Museums.
Werkschau in der Tate Modern
Viele der - zumeist von Luft bewegten und perfekt ausbalancierten - Kunstobjekte sind heute Millionen wert. Calders populäre filigrane Konstruktionen aus Draht und geometrisch geformten Metallscheiben sind bis zum 3. April 2016 in einer großen Werkschau in der Tate Modern in London zu sehen. Ihr Titel: "Performing Sculpture".