Alles spricht für Obama
21. Februar 2008Nach seinem neunten Wahlsieg in Folge im Bundesstaat Wisconsin am Dienstag (19.2.2008) trat Barack Obama schon wie der Präsidentschaftskandidat seiner Partei auf. Dazu hat er allen Grund, denn es scheint kaum mehr möglich, dass Hillary Clinton ihm die Nominierung als Präsidentschaftskandidaten der Demokraten-Partei streitig machen kann.
Obama hat mit Hawaii die letzten zehn Vorwahlen gewonnen. Ihm ist es gelungen, in die schon fest auf der Seite Clintons verbuchten Wählerschichten vorzudringen: weiße Männer, gerade auch aus der Arbeiterschicht, und Frauen. Nur bei weißen Frauen über 50 hat Clinton stets die Mehrheit erhalten.
Unabhängige Wähler bevorzugen Obama
Deshalb hat Obama aus den Vorwahlen inzwischen auch 159 Delegierte mehr gewonnen als Clinton. Und für den eigentlichen Präsidentschaftswahlkampf hat er die besseren Voraussagen. Im direkten Vergleich mit dem republikanischen Kandidaten John McCain werden ihm von den Prognoseinstituten die größeren Chance zugeschrieben, das Weiße Haus für die Demokraten zurückzugewinnen, weil seine Anziehungskraft auf unabhängige Wähler sogar die McCains übertrifft.
Das alles kam nicht zuletzt deshalb so, weil es ihm in einem nicht für möglich gehaltenen Maß gelang und weiter gelingt, sehr viel Geld für seine Wahlkampagne aufzutreiben. Er ist also nicht nur der gefühlte Sieger der letzten Wochen, der die Stimmung im Land auf seiner Seite hat, er hat zudem mehr Delegierte, eine volle Wahlkampfkasse und die bessere Aussicht, McCain zu schlagen.
Clinton braucht deutliche Siege in Texas und Ohio
Was bleibt in dieser Situation Hillary Clinton, um den Kampf doch noch für sich zu entscheiden und Obama zumindest bis zum Nominierungsparteitag Ende August unter Druck zu halten? Als erstes muss sie die Wahlen in Texas und Ohio am 4. März sowie in Pennsylvania am 22. April deutlich gewinnen. Und deutlich meint wirklich deutlich, also mit einem Abstand von 20 bis 30 Prozent. In Texas sind 193, in Ohio 141 Delegierte zu vergeben. Die Delegiertenstimmen werden anteilig der prozentualen Stimmengewichte verteilt.
In Texas ist es durch eine Kombination von Primaries und Caucuses sowie die asymmetrische Verteilung der Delegiertenstimmen entsprechend früherer Wahlbeteiligungen pro Stimmbezirk noch komplizierter. Man sieht aber schon, dass Clinton mit einem Riesenabstand gewinnen müsste, um aus den beiden Staaten am 4. März, die zusammen 334 Delegierte vergeben, den Abstand von 159 Stimmen, die Obama derzeit führt, nur ein wenig auszugleichen. Ein Wahlsieg mit zehn Prozent Abstand, wird ihr nicht wirklich weiterhelfen.
Taktiererei um die suspendierten Staaten
Zweitens wird Clinton weiter versuchen, dass die Delegiertenstimmen aus Florida und Michigan zum Parteitag zugelassen werden. Beide Staaten wurden suspendiert, weil sie sich nicht an den Wahlkalender der Parteiführung hielten. Entsprechend gab es dort keinen Wahlkampf, Obama stand in Michigan nicht einmal auf dem Stimmzettel. Die Delegierten nicht zuzulassen sei ungerecht, argumentiert das Clinton-Lager, das beide Wahlen gewann. Sie zuzulassen ebenso, sagen die Sprecher Obamas, weil es ja keinen Wahlkampf gab. Neu wählen? 'Nein' sagen die Clintons – und diese parteipolitische Taktiererei kann bis August weitergehen.
Schließlich könnte Clinton über die Superdelegierten (796 Parteifunktionäre mit freiem Votum) die Nominierung gewinnen. Aber werden diese gegen die Mehrheit der gewählten Delegierten stimmen? Werden die einzelnen gegen die Mehrheit in ihren Bundesstaaten, in denen sie wieder gewählt werden wollen, votieren? Schon jetzt zeigt sich, dass einige Superdelegierte das Clinton-Lager verlassen, denn Obama hat mehr Siegeschancen und schließlich auch mehr Geld – für deren eigene Wahlkämpfe – zu bieten.
Alle drei Möglichkeiten müssen erfolgreich sein
Wenn eine Kombination aus diesen drei Wegen nicht in den nächsten zwei Wochen sichtbar und damit auch in den Medien darstellbar zum Erfolg führt, ist die Bewerbung von Clinton gescheitert. Obama hingegen wird von einer Darstellungswelle seiner Erfolge getragen. Wie lange diese dauern wird, entscheidet sicherlich wesentlich über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen im November mit.
Thomas Jäger ist Professor für internationale Politik und Außenpolitikanalyse an der Universität Köln.