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Alles Wellness

Petra Tabeling30. November 2002

Der Tourismusbranche geht es schlecht. Einzig die Wellness-Angebote trotzen den konjunkturellen Depressionen. Doch wo Wellness drauf steht, ist nicht immer Wellness drin.

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Liegen lernen: Das Geschäft mit Wellness-Angeboten boomt.Bild: BilderBox

Die Reisebranche bekam die Unlust der Deutschen am Reisen bitter zu spüren - mit einem Umsatzrückgang von etwa zehn Prozent in diesem Jahr. In Zeiten von Terror und Rezession zogen viele den heimischen Urlaub in "Balkonien" dem Gang zum Reisebüro vor. Und wenn dann doch geflogen wird, laufen die Buchungen zunehmend via Internet. Schlechte Zeiten für Reisebüros - mehr als 800 mussten bereits 2001 schließen.

Doch wo viel Schatten ist, ist auch Licht, wie auf der internationalen Tourismusmesse in Köln vom 29. November bis zum 1. Dezember zu sehen ist. Über eintausend Aussteller zeigen, was in Sachen Urlaub angesagt sein soll. Und vor allem ein Branchensegment scheint nichts von der Krise zu spüren: Die Wellness-Angebote boomen.

Wellness sells

Die Wellnesssparte verzeichnet zweistellige Wachstumsraten. Beim Branchenriesen TUI wurden in dem Wellness-Segment "Vital" bereits jetzt über zehn Prozent mehr Reisen verkauft als im gesamten Vorjahr, so Mehdi Langanke, Produktleiter von "Tui Vital", im Gespräch mit DW-WORLD. "Wir haben von dem Einbruch in der Reisebranche nichts gespürt", so Langanke.

Der europäische Heilbäder Verband schätzt, dass in den nächsten Jahren etwa 15 Millionen Deutsche am Wellness-Urlaub interessiert sein werden und sich verwöhnen lassen wollen mit Massagen, Thalasso-Therapien oder Anti-Aging-Anwendungen oder was auch immer sonst noch sinn- und unsinniges unter Wellness gebucht wird.

Fangopackung im Thermalbad
SoftpackbehandlungBild: BilderBox

Pralinen, Socken, Tischtennisplatten

Der Begriff wird derartig inflationär gebraucht, dass "sich schon Hotels als Wellness-Oasen bezeichnen, wenn sie nur eine Tischtennisplatte und eine Sauna im Keller haben", spottet Joachim Bürger gegenüber DW-WORLD. Von der Wellness-Socke bis hin Wellness-Pralinen und Wellness-Säften kann alles Wellness sein - zu Lasten des Verbrauchers. Der könne nicht nachvollziehen, was er wirklich für sein Geld erhält und was überhaupt unter Wellness zu verstehen sei.

Daher gründete Bürger mit Gleichgesinnten den Deutschen Wellness Verband. Eine unabhängige Organisation, die Informationen über das "genussvolle gesunde Leben" fördern will. Denn Wellness bedeutet für sie nicht nur sündhaft teure Anwendungen, sondern auch gesunde Ernährung und Bewegung.

Lizenz zum Wohlfühlen

Der Verband hat seit Juli 2002 ein Qualitätssiegel für Wellness-Hotels eingeführt hat. Dank eines Fragenkatalogs trenne sich somit die Spreu vom Weizen, erklärt Bürger. Nicht weniger als 1000 Punkte umfasst der Katalog, der Aspekte berücksichtigt, wie weit der Parkplatz weg ist, ob eine Vitalküche vorhanden ist oder eine Nichtraucherecke. Ein anonymer Tester begibt sich dann in die Hotels und sucht nach dem versprochen Wohlfühleffekt. Wenn der gefunden wird, werden die Hotels auch auf der Internetseite veröffentlicht. Das Siegel ist bereits heiß begehrt. Reiseveranstalter würden regelrecht beim Verband um den Test "betteln", damit sie sich vom "Wellness-Nepp" absetzen können.

Wellness für den Geldbeutel

Auch die TUI begrüßt ausdrücklich die Qualitätskontrolle für ihre Kunden. In ihrem Vitalprogramm bietet sie seit 1997 weltweite Wellness-Pakete an. Vor allem in alteingesessenen Kurbädern, da dort die Infrastruktur bereits vorhanden ist. Und somit leben auch alte Kurorte in Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Tschechien wieder auf. Vor allem dort sei der Markt weiter ausbaufähig. Wem Wellness in Deutschland zu teuer ist, der kann beispielsweise in Polen Wellness auch für den Geldbeutel buchen. Beispiel: Eine Nacht in einem polnischen Hotel kostet ca. 20 Euro, ein sechstägiges Wellness Paket ca. 75 Euro.