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Alte Affen suchen keine neuen Freunde

23. Juni 2016

Berberaffen werden mit zunehmendem Alter immer wählerischer bei ihren sozialen Kontakten - so jüngste Erkenntnisse. Das lässt auch neue Rückschlüsse auf das Verhalten der Menschen zu.

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Berberaffe im Affenwald Straußberg (Foto: picture-alliance/dpa/M. Reichel)
Haben sich die jungen Äffchen von den Eltern abgekoppelt, entdecken sie die WeltBild: picture-alliance/dpa/M. Reichel

Ein englisches Sprichwort lautet: "Old dogs don't learn new tricks" ("Alte Hunde lernen keine neuen Tricks."). Und viele Herrchen und Frauchen können aus eigener Erfahrung berichten, dass ihre besten Freunde spätestens im mittleren Alter von etwa neun Jahren sehr viel gelassener auf neue Gesichter oder auch den Besuch des Briefträgers reagieren als noch in jüngeren Jahren.

Verhaltensexperimente an 118 Tieren

Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) in Göttingen und der Universität Zürich haben solche Verhaltensänderungen jetzt wissenschaftlich bei Affen nachgewiesen: Ältere Primaten konzentrieren sich auf die sozialen Kontakte, die ihnen wirklich wichtig sind. Ein Forscherteam um Affenforscherin Prof. Julia Fischer veröffentlichte die Ergebnisse von Verhaltens-Experimenten am 23. Juni 2016 in der Fachzeitschrift "Current Biology." Fischer leitet die Abteilung für kognitive Ethologie am PDZ .

Die Wissenschaftler hatten 118 Berberaffen im Alter von 4 bis 29 Jahren in einem französischen Affenpark beobachtet und verschiedene Verhaltensexperimente gemacht. Das Resultat: Affen werden mit zunehmendem Alter wählerischer. Bereits im jungen Erwachsenenalter haben sie ein deutlich gesunkenes Interesse an neuen Gegenständen und weniger gut bekannten Artgenossen.

DPZ-Verhaltensbiologin Laura Almeling sagte, dies zeige sich besonders bei der gegenseitigen Fellpflege: "Diese ist bei den Affen das Maß für die soziale Beziehung." Während die jungen Tiere noch sehr häufig ihre Pflegepartner wechseln, beschränken sich betagtere Affen auf einen kleiner werdenden Kreis befreundeter Tiere.

Makaken Affen beim Putzen (Foto: picture-alliance/dpa/G.Xiaoyong)
Ältere Berberaffen halten sich lieber an jene, die sie gut kennen - besonders bei der FellpflegeBild: picture-alliance/dpa/G.Xiaoyong

Auch die Menschen verlieren Lust an Neuem

"Die älteren Berberaffen verlieren zwar nicht das Interesse an einem Miteinander", sagte die Forscherin. "Sie konzentrieren sich aber auf eine kleinere Gruppe." Die Affen werden mit zunehmendem Alter auch vorsichtiger im Umgang mit Neuem und sind weniger risikofreudig. Auch darin seien sie älteren Menschen ähnlich. Auf Hilfeschreie von Artgenossen dagegen reagieren die Tiere bis ins hohe Alter. Die Reaktion auf die Schreie befreundeter Affen, etwa auf die der besten Freundin, sei jedoch stärker.

Die eigenen Energien im Alter auf eine kleinere Gruppe von Sozialpartnern zu konzentrieren und auch sonst kaum noch Neues zu erproben, ist auch vom Menschen schon länger bekannt. Offenbar sei dieses Verhalten tiefer in der Evolution verankert als bisher angenommen. So werde das soziale Netzwerk von Menschen im Alter kleiner, sagt Almeling. "Sie pflegen dann vor allem Beziehungen zu den Menschen, die ihnen wirklich wichtig sind."

Woran liegt es?

Nun diskutieren die Biologen über die Gründe für diese Verhaltensänderung. Bisher waren die Forscher davon ausgegangen, dass es bei Menschen nicht nur mit der abnehmenden Vitalität, sondern auch mit dem Bewusstsein der eigenen Endlichkeit zu tun haben könnte.

Bei Affen könne dies indes nicht der Fall sein, sagt Almeling. "Affen sind sich nicht bewusst, dass ihre Lebenszeit begrenzt ist." Daher nehmen die Verhaltensbiologen an, dass die Veränderungen beim Menschen im Alter fest in der Evolution verankert sind.

Vielleicht hat es aber einfach auch nur mit wachsender Erfahrung und der weiseren Nutzung eigener Kraftresourcen zu tun: Wozu soll sich Mensch oder Tier bei neuen Dingen noch aufregen oder Energie vergeuden, wenn man schon vorab erahnen kann, wie das am Ende ausgeht? Oder warum sollen man sich auf neue soziale Kontakte einlassen, wenn die besten Freunde doch eh die zuverlässigsten sind?

fs/nm (dpa)