Nigeria vor der Wahl
15. Februar 2019Afrikas bevölkerungsreichstes Land wählt. Von den fast 200 Millionen Nigerianern haben sich rund 84 Millionen als Wähler registrieren lassen - 18 Prozent mehr als beim letzten Mal. Doch in den Tagen vor der Wahl wachsen die Spannungen: Bei einer Auseinandersetzung zwischen Anhängern der größten Oppositionspartei PDP und der Regierungspartei APC im Südosten des Landes starben fünf Menschen. Vergangenes Wochenende beschuldigte die PDP die APC, ihre Großkundgebung in der Hauptstadt Abuja verhindert zu haben. Bei einem Brand in einem Büro der Wahlkommission im Bundesstaat Plateau wurden tausende Wahlzettel und Urnen zerstört. 72 Kandidaten stehen bei der Abstimmung auf dem Wahlzettel. Darunter sind nur sechs Frauen.
Zweikampf zwischen Buhari und Abubakar
Doch ihrem Sieg stehen zwei mächtige Männer im Weg: Zum einen der amtierende Präsident Muhammadu Buhari. 2015 gewann er als erster Oppositionspolitiker in Nigeria eine Präsidentschaftswahl. Der 76-Jährige steht jedoch in der Kritik, viele Wahlversprechen nicht eingehalten zu haben. Hinzu kommt sein schlechter Gesundheitszustand. Mehrfach ließ sich Buhari im Ausland behandeln. "Viele Leute sagen, dass er nicht fähig ist, zu regieren, und dass in Wirklichkeit andere Regierungsmitglieder den Staat leiten", sagt Olayinka Ajala, Politikwissenschaftler an der Universität York, im DW-Interview.
Hoch gehandelt wird auch sein Herausforderer, Atiku Abubakar. Der frühere Vizepräsident hatte zuvor schon vier Mal versucht, Präsident Nigerias zu werden. Dreimal scheiterte er bereits in innerparteilichen Vorwahlen, zuletzt 2015 in der APC, als er von Buhari besiegt wurde. "Abubakar hat eine Menge Erfahrung in der Wirtschaft", erklärte Ajala. Daher glaubten manche Nigerianer, dass er dafür sorgen könne, dass mehr Jobs geschaffen werden und Geld ins Land fließt.
Wichtige Themen: Sicherheit, Korruption und Wirtschaft
Bei der Wahl in Nigeria gehe es um drei Aspekte: "Sicherheit, Wirtschaft und Korruption. Diese Themen werden den Ausgang der Wahl bestimmen", sagt Ajala. Nigeria wird von ungelösten Konflikten erschüttert: Im Norden des Landes wütet die islamistische Terrorgruppe Boko Haram. Im Nordwesten, dem Südosten und im Zentrum des Landes kommt es zu gewaltsamen Konflikten zwischen sesshaften Bauern und nomadischen Viehhirten. 3600 Menschen sollen dabei laut Amnesty International in den letzten drei Jahren ums Leben gekommen sein. "Bei der Wahl 2015 war das Thema Sicherheit, insbesondere im Bezug auf Boko Haram, wahlentscheidend", sagt Politikwissenschaftler Ajala. "Aber jetzt gibt es viel mehr Probleme. Die Sicherheitslage im ganzen Land ist alarmierend."
Hinzu kommen wirtschaftliche Probleme. Die Arbeitslosigkeit ist auf über 23 Prozent gestiegen, die Wirtschaft droht in eine Rezession zu fallen. Buhari habe die Wirtschaft nicht von er Abhängigkeit von Rohöl-Exporten weggelenkt, sagt Ajala. "Das war eines der Kernversprechen der Wahlkampagne vor vier Jahren."
Bei der Bekämpfung der grassierenden Korruption hat die Buhari-Regierung Maßnahmen ergriffen. Trotzdem ist sie in der nigerianischen Gesellschaft immer noch weit verbreitet. Auch Oppositionskandidat Abubakar war in einen internationalen Geldwäscheskandal verwickelt. Diese Woche noch warnte Amtsinhaber Buhari vor dem möglichen Kauf von Wählerstimmen. "Es wird Korruption geben", sagt Ajala. "Es ist praktisch unmöglich für den Sicherheitsapparat, freie und faire Wahlen in jedem Wahllokal zu gewährleisten."
Junge Menschen bleiben außen vor
Rund 60 Prozent der Nigerianer sind jünger als 30 Jahre. Trotzdem haben sie bei dieser Wahl nur die Wahl zwischen deutlich älteren Kandidaten. Die Bloggerin Maryam Laushi, Mitglied der #NotTooYoungToRun-Kampagne, glaubt, dass dieses Problem kulturell bedingt ist. "In unserer Kultur müssen die Jüngeren auf die Älteren hören und sie respektieren. Das ist ein guter Wert, aber wenn es um Politik geht, sind junge Menschen meist chancenlos."
Weder Buhari noch Abubakar seien für junge Nigerianer eine gute Option. "Das Problem mit der nigerianischen Politik und den beiden großen Parteien ist, dass wir keinen klaren Unterschied in der Ideologie sehen", sagte sie der DW. "Das macht es jungen Wählern schwer, zu entscheiden, für wen sie stimmen sollen. Wir wollen wissen, dass wir mehr Arbeitsplätze bekommen werden, wir wollen wissen, dass unsere Zukunft sicher ist." Was Laushi fordert, ist die Miteinbeziehung der jungen Generation: "Jede Partei, jede Verwaltung und jeder Kandidat muss einen Weg finden, junge Menschen in den Prozess der Regierungsführung in den kommenden Jahren mit einzubeziehen."