"Alter Hase" ist neuer DFB-Präsident
2. März 2012Er hatte schon viele verschiedene Positionen innerhalb des Deutschen Fußballbunds (DFB) inne. Seit 1987 arbeitet Wolfgang Niersbach für den heute mit 6,7 Millionen Mitgliedern größten Sportverband der Welt: als Pressesprecher, als Vizepräsident des Organisationskomitees für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland und zuletzt als Generalsekretär. Nun rückt der 61-Jährige gelernte Sportjournalist auf den Chefsessel und löst dort Theo Zwanziger ab, der nach siebeneinhalb Jahren vorzeitig von seinem Amt zurücktrat.
"Der DFB braucht mit Sicherheit keine Revolution", bremst der Neue die Erwartungen an großartige Umbauten in der Verbandsstruktur. "Wir sind toll aufgestellt, wirtschaftlich unabhängig." Niersbach sagt, er habe gewaltigen Respekt vor dem Amt, das er als zwölfter Präsident in 112 Jahren Verbandsgeschichte bekleiden wird: "Vor mir haben großartige Persönlichkeiten diese Position ausgefüllt. Ich fühle mich nicht großartig, ich fühle mich relativ normal und ich hoffe, dass ich auch normal bleibe."
"Schwierigste Aufgabe"
Die Gefahr, dass Niersbach sich durch das Amt zum Negativen verändert oder gar abhebt, ist gering. Er gilt als bodenständig. International verfügt er über beste Kontakte, nicht zuletzt zu seinem Vorgänger Zwanziger, der seinen Platz im Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbands FIFA behalten wird. Von Zwanziger, der nach eigenen Angaben keine Herausforderung mehr im Amt des DFB-Chefs sah, übernimmt Niersbach einige Baustellen im deutschen Fußball, zum Beispiel die zunehmenden Randale in den Stadien.
"Das ist sicherlich die schwierigste Aufgabe, die wir anpacken müssen", meint Niersbach. "Ich glaube, dass wir in Deutschland präventiv in der Fanarbeit vorbildlich sind. Aber es gibt eine Gruppe, die mit Präventionsarbeit nicht zu erreichen ist. Da helfen nur Sanktionen." Das Verhältnis zwischen DFB-Spitze und einigen Fangruppen ist - freundlich formuliert - angespannt, seitdem der Verband zunächst Gesprächsbereitschaft gezeigt und unter bestimmten Bedingungen sogar das kontrollierte Abbrennen von Feuerwerkskörpern in Aussicht gestellt hatte, aufgrund anhaltender Vorfälle in den Stadien jedoch jeglichen Dialog mit den Fanvertretern beendet hatte. Die Hoffnung der Fans ist, dass der neue Präsident den Dialog wieder aufnimmt.
Ruhigere Zeiten
Ansonsten darf sich der DFB von Wolfgang Niersbach einen anderen Führungsstil erwarten als es unter Theo Zwanziger zeitweise herrschte. Zwanziger hatte in vergangenen Krisen mehrfach kein gutes Bild abgegeben: bei der beinahe gescheiterten Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw im Jahr 2010, als er Löw und dessen Trainerteam unter Druck setzte und Löw ihm vorwarf, Unwahrheiten zu verbreiten. In der Sex-Affäre um Schiedsrichter Michael Kempter und Schiri-Obmann Manfred Amerell, als sich Zwanziger früh auf Amerell als Schuldigen festlegte und nicht zuletzt im privaten Streit mit dem Journalisten Jens Weinreich, gegen dessen Behauptung, Zwanziger sei ein "unerträglicher Demagoge" sich der Verbandschef sogar mit Hilfe der Anwälte des DFB zur Wehr setzte.
Unter Niersbach wird es ruhiger, sachlicher und im besten Sinne weniger emotional zugehen. Zwanziger hatte sich oft sehr dünnhäutig und beratungsresistent gezeigt. Mehrfach hatte er sogar seinen sofortigen Rücktritt angedroht, um eigene Interessen durchzusetzen und den Verband auf Linie zu bringen. Zurückgetreten war er letztlich dann doch nicht. Wolfgang Niersbach gilt dagegen als immer verbindlich.
Autor: Andreas Sten-Ziemons
Redaktion: Calle Kops