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"Türkei europäischer als manches EU-Mitglied"

24. Februar 2016

Kanzleramtsminister Altmaier vertraut in der Flüchtlingskrise auf Ankara. Dort bestehe große Bereitschaft, dieses Problem gemeinsam mit Europa zu lösen, sagt er. In Wien beraten die Balkanstaaten ihre Strategie.

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Syrische Flüchtlinge im Grenzgebiet zur Türkei (Foto: Imago)
Syrische Flüchtlinge im Grenzgebiet zur TürkeiBild: Imago/Zuma

"Sie (die Türkei) hat in den letzten drei Jahren eine ausgesprochen positive Rolle gespielt bei der Aufnahme von Flüchtlingen und sich europäischer verhalten als viele Mitgliedstaaten der EU", sagte Peter Altmaier der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Türkei habe erkannt, "dass es eine Chance für eine geostrategische Zusammenarbeit mit der EU und mit Deutschland gibt", führte der CDU-Politiker weiter aus. Die Bekämpfung von Schleppern und Menschenhändlern sei dafür Voraussetzung.

Altmaier, der auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist, verteidigte auch den Plan, der Türkei Kontingente von Migranten abzunehmen. Zur Zusammenarbeit mit Ankara gehöre auch "ein Mechanismus zur Lastenteilung, der verhindert, dass alle Flüchtlinge, die in die Türkei kommen, dort bleiben und damit zu einem Problem für die Stabilität des Landes werden". Er fügte hinzu: "Es geht um ein faires Geben und Nehmen. Flüchtlingskontingente stehen dabei nicht am Anfang, sondern am Ende."

Peter Altmaier (Foto: DW)
Flüchtlingskoordinator Altmaier sieht in der Türkei einen verlässlichen PartnerBild: DW

Griechenland beschwert sich in Brüssel und Wien

In den meisten EU-Ländern trifft die von Kanzlerin Angela Merkel befürwortete Kontingentlösung aber kaum auf Gegenliebe. Die Gräben zwischen den europäischen Ländern werden immer tiefer. Die österreichische Regierung wies am Dienstag Kritik der deutschen Regierung an ihrer Tages-Obergrenze für Asylbewerber zurück und forderte die Bundesregierung auf, selbst Höchstgrenzen festzulegen.

Die griechische Regierung wiederum beschwerte sich in Wien, nicht zu der Westbalkankonferenz an diesem Mittwoch eingeladen worden zu sein. 18 Innen- und Außenminister unter anderem aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Serbien und Slowenien wollen sich über Grenzmanagement auf der sogenannten Balkanroute, den Kampf gegen Schlepper und die Kooperation mit Drittstaaten abstimmen.

Das Außenministerium in Athen erklärte, es handele sich um eine "einseitige und keineswegs freundschaftliche Aktion". Es werde versucht, in Abwesenheit Griechenlands Entscheidungen zu treffen, die dessen Grenzen angingen. Ministerpräsident Alexis Tsipras machte seinen Unmut zudem in einem Telefonat mit Brüssel deutlich.

UN warnen vor Chaos in Griechenland

Mehr als 100.000 Flüchtlinge kamen seit Jahresbeginn über das Mittelmeer nach Europa, die meisten davon über Griechenland. Das sind mehr als in der gesamten ersten Jahreshälfte 2015, wie die Internationalen Organisation für Migration (IOM) mitteilte. Vereinte Nationen (UN) und Europäische Union (EU) warnten angesichts der zunehmenden Abriegelung von Grenzen auf der sogenannten Balkanroute vor "Chaos" und einer "humanitären Krise" vor allem in Griechenland.

Mehr als 5000 Flüchtlinge sitzen am griechischen Grenzübergang Idomeni fest (Foto: rtr)
Mehr als 5000 Flüchtlinge sitzen am griechischen Grenzübergang Idomeni festBild: Reuters/M. Djurica

Die zunehmende Abriegelung von Grenzen auf der Balkanroute erhöhe den Druck auf Griechenland zu einem Zeitpunkt, an dem es "keine Alternativen" für die Flüchtlinge gebe, machte der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), Filippo Grandi, bei einem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos deutlich. Die EU-Kommission und die niederländische Ratspräsidentschaft forderten die europäischen Länder zu "Notfall-Konzepten" auf, um gegebenenfalls Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge bereitzustellen.

Nach der Schließung der mazedonischen Grenze für Flüchtlinge aus Afghanistan harren auf griechischer Seite etwa 5000 Menschen aus. Abgewiesene Afghanen wurden in Bussen laut Polizei zurück nach Athen gebracht. Weitere 4000 Flüchtlinge musste die griechische Polizei im Hafen von Piräus davon abhalten, sich auf den Weg zur Grenze zu machen. Hunderte Asylbewerber treffen derweil weiter von griechischen Inseln ein.

se/ww (dpa, afp, FAZ)