Alzheimer - ein sozialpolitisches Problem
9. Mai 2011Er habe in den letzten Monaten erkannt, dass er an der unheilbaren und damit "ausweglosen" Alzheimer-Krankheit erkrankt sei. Diese "Bedrohung" habe ihm schon immer als "einziges Kriterium" gegolten, seinem "Leben ein Ende zu setzen". Mit diesen Worten verabschiedete sich der ehemalige Edel-Playboy Gunter Sachs aus dem Leben.
Störungen des Kurzzeitgedächtnisses
Gunter Sachs ist 79 Jahre alt geworden. Er litt unter den typischen Symptomen einer Krankheit, unter der in zunehmendem Alter immer mehr Menschen leiden. Dabei handelt es sich nicht um Vergesslichkeit, sondern um nachhaltige Störungen des Kurzzeitgedächtnisses oder der Orientierung in eigentlich bekannter Umgebung.
Die Erkrankungszahlen sagen einen klaren Trend voraus: Da die Menschen immer älter werden und Alzheimer eine typische Alterskrankheit ist, werden in Zukunft immer mehr Menschen an ihr erkranken. Die Patienten sind auf individuelle Hilfe angewiesen. Heike von Lützau-Hohlbein, Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, plädiert deshalb für mehr organisierte Hilfe schon im Frühstadium der Krankheit, in der die Erkrankten zu Hause bleiben können.
Über eine Million Alzheimer-Patienten
Das Ausmaß der Krankheit ist erschreckend: Bei den 65-Jährigen sind derzeit rund zwei Prozent erkrankt, bei den 70-Jährigen schon drei Prozent. Der Prozentsatz verdoppelt sich bei den 75-Jährigen und erreicht bei den 85-Jährigen 20 Prozent. Danach nimmt er wieder ab, weil die bis dahin Erkrankten selten dieses Alter erreichen. Insgesamt sind derzeit mehr als eine Million Menschen erkrankt, bis zum Jahr 2050 könnten es 2,6 Millionen sein. Lützau-Hohlbein fordert deshalb von den politisch Verantwortlichen, dass Demenzerkrankungen als Grund für die Einordnung in die Pflegestufen anerkannt werden.
Problem der Finanzierbarkeit eines Pflegeplatzes
Etwa zwei Drittel der Patienten werden zu Hause von ihren Angehörigen betreut. Die anderen sind auf Pflegeplätze angewiesen. Erkenntnisse der Deutschen Alzheimer Gesellschaft zeigen, dass der Anteil der Patienten deutlich zunimmt, deren Krankheitsbild derart stark ausgeprägt ist, dass eine häusliche Pflege nicht mehr in Frage kommt. Auf die Angehörigen dieser schwerkranken Menschen kommt nun das Problem der Finanzierbarkeit eines Pflegeplatzes zu.
Durchschnittlich liegen die Pflegekosten zur Zeit bei 2700 Euro pro Monat. Das ist für viele unbezahlbar. "Dann werden die Kinder zur Kasse gebeten und wenn die auch nicht bezahlen können, dann bleibt nur die Sozialhilfe," so Heike von Lützau-Hohlbein. Sie fordert deshalb mehr Hilfe für die Betroffenen in deren zu Hause und mehr spezielle Betreuungsmodelle.
Alternativen
Die Alzheimer Gesellschaft Hamburg bietet Betreuungsangebote, die den Aufenthalt in einem Pflegeheim möglicherweise hinauszögern. Neben der häuslichen Einzelbetreuung und Betreuungsgruppen für Erkrankte werden Tagestreffs für Menschen mit beginnender Demenz, ein Klönkaffee für Angehörige und Erkrankte und betreute Urlaube angeboten.
Von Lützau-Hohlbein unterstützt solche Initiativen und fordert, Hilfen für Alzheimer-Erkrankte an deren veränderte Lebenssituation anzupassen. Darüber hinaus müsse die hausärztliche Versorgung verbessert, die Unterstützung für pflegende Angehörige erweitert und der soziale Aufwand bei der Betreuung von Demenzerkrankten durch die Pflegeversicherung übernommen werden.
Autor: Matthias von Hellfeld
Redaktion: Arne Lichtenberg