Amazon streicht New York-Pläne
15. Februar 2019Bislang lief es sehr gut für den Online-Händler: Nachdem Amazon angekündigt hatte, auf der Suche nach einem neuen Standort zu sein, hatte das Online-Kaufhaus den Spieß einfach umgedreht. Anstatt sich selber zu kümmern, ließ Amazon ein Jahr lang Städte, Bundesstaaten und Landkreise Nordamerikas Bewerbungen schreiben, die sich mit ihren Offerten gegenseitig überboten.
Schließlich entschied sich Amazon im November dafür, jeweils rund 25.000 Jobs in New York und in Arlington im US-Bundesstaat Virginia in der Nähe der Hauptstadt Washington zu schaffen. Die geplante Ansiedlung in Long Island City im Stadtteil Queens galt als perfekte Ergänzung zum bisherigen Firmensitz in Seattle an der Westküste. Jetzt hat das Online-Kaufhaus seine New York-Pläne komplett gestrichen. Der Online-Händler verwies dabei vor allem auf Widerstände aus der Lokal-Politik.
New York bot Steuervergünstigungen in Milliardenhöhe
In New York konnte sich Amazon Hoffnungen auf Steuervergünstigungen von in der Spitze nahezu drei Milliarden Dollar machen - und versprach im Gegenzug einen Schub für die lokale Wirtschaft und Investitionen von 2,5 Milliarden Dollar.
Doch einige Politiker und Anwohnergruppen waren nicht glücklich über Amazon als neuen Nachbarn und fanden auch die Steuerzusagen an den Konzern überhöht. Eine weitere Sorge: Tausende sehr gut bezahlte Tech-Arbeitnehmer könnten das Preisniveau auf dem Immobilienmarkt in die Höhe schnellen lassen.
Amazon erhielt 238 Bewerbungen
Das Vorhaben in Virginia solle unterdessen weiter vorangetrieben werden, teilte Amazon mit. Die Suche nach einem weiteren Standort neu zu starten, sei derzeit nicht geplant. Amazon beschäftige bereits mehr als 5000 Menschen in New York, und die Zahl der Mitarbeiter werde weiter steigen.
Der Grund für die Aufspaltung des "zweiten Hauptquartiers" auf zwei Standorte war vor allem das Problem, genug geeignetes Tech-Personal zu finden. Hinzu kamen Bedenken, dass die geplante Expansion, die mit starkem Zuzug von Arbeitskräften verbunden sein dürfte, einen einzelnen Ort und dessen Infrastruktur überfordern könnte.
Amazon hatte die Suche seit September 2017 öffentlichkeitswirksam betrieben und damit für viel Aufsehen gesorgt. Der US-Konzern, der zuletzt rund 613.000 Angestellte beschäftigte, erhielt 238 Bewerbungen. Einige Kandidaten legten sich besonders ins Zeug - aus Tucson in Arizona bekam Jeff Bezos einen riesigen Kaktus und Atlantas Vorort Stonecrest wollte sogar einen Teil der Stadt in "City of Amazon" umbenennen.
Bewerbungen erhielten wertvolle Daten
Im Januar 2018 stellte der Konzern dann die 20 aussichtsreichsten Kandidaten vor, darunter waren die Großstädte New York City, Chicago, Los Angeles und Toronto. Die vielen Bewerbungen gewährten Amazon zudem Einblicke in die Standortbedingungen zahlreicher Städte Nordamerikas. Dabei handelt es sich mitunter um wertvolle Daten, die Amazon möglicherweise gut für sich zu nutzen weiß.
nob/haz (dpa, afp)