Amnesty: Saudi-Arabien foltert Aktivisten
20. November 2018Einige hätten nach den Folterungen nicht mehr stehen oder laufen können, erklärte Amnesty International. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete, mindestens drei der im Mai in Saudi Arabien festgenommenen Frauenrechtsaktivistinnen seien unter anderem durch Elektroschocks, Peitschenschläge auf die Oberschenkel sowie gewaltsame Umarmungen und Küsse gefoltert worden.
Frauenrechtlerinnen im Fokus des Regimes
Amnesty International berichtete weiter, ein Aktivist sei an der Zimmerdecke aufgehängt worden, ein anderer sei von Vernehmern, die Gesichtsmasken aufgesetzt hätten, sexuell schikaniert worden. Die Amnesty Recherche-Direktorin Lynn Maalouf sagte: "Nur wenige Wochen nach der skrupellosen Tötung von Jamal Khashoggi enthüllen diese schockierenden Berichte über Folter, sexuelle Belästigung und andere Arten von Misshandlungen weitere abscheuliche Verletzungen der Menschenrechte durch saudische Behörden." Sie forderte die sofortige Freilassung der Aktivisten. Die internationale Gemeinschaft müsse Maßnahmen ergreifen, um Druck auf Saudi-Arabien auszuüben.
Kurz vor der historischen Aufhebung des Fahrverbots für Frauen im Juni 2018 in Saudi-Arabien waren mehr als ein Dutzend Menschenrechtsaktivisten festgenommen worden, darunter vor allem Frauenrechtlerinnen, die lange gegen das Fahrverbot gekämpft hatten. Den meisten wurde "Gefährdung" der öffentlichen Sicherheit und Unterstützung von Staatsfeinden vorgeworfen.
Autofahrende Frauen als "Verräter" angeprangert
Mehrere von ihnen wurden inzwischen wieder freigelassen. Zu den immer noch inhaftierten Aktivisten gehören laut Amnesty Asisa al-Jusef, eine pensionierte Professorin der König-Saud-Universität in Riad, und Ludschain al-Hathlul, die 2014 mehr als 70 Tage im Gefängnis saß, weil sie versucht hatte, mit dem Auto aus den benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate nach Saudi-Arabien zu fahren. Staatliche Zeitungen veröffentlichten Bilder einiger Aktivisten und prangerten sie als "Verräter" an.
Die Festnahmen wurden zum einen als kalkulierte Maßnahme des Kronprinzen Mohammed bin Salman gewertet, um konservative Gegner seines Modernisierungskurses zu besänftigen. Zugleich wurde es als Signal an Aktivisten interpretiert, dass er allein über Änderungen entscheide. Laut Amnesty werden viele der Aktivisten ohne Anklage oder juristische Vertretung festgehalten.
nob/se (rtr, dpa, afp)