Analyse erklärt SPD-Wahldebakel
11. Juni 2018Für das schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl 2017 sollen unter anderem der Mangel klarer Führungsstrukturen und zu wenig Teamwork verantwortlich gewesen sein. Das geht nach Angaben von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles aus der Analyse einer externen Arbeitsgruppe hervor, deren Ergebnisse an diesem Montag offiziell präsentiert werden sollen.
"Nichts beschönigt"
Ein konkretes Problem war demnach die Organisation der Parteizentrale. "Im Willy-Brandt-Haus gab es keine klaren Führungsstrukturen, zu wenig Teamwork. Die rechte Hand wusste oft nicht, was die linke will", sagte Nahles dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Für die Zukunft dringt die Chefin der Sozialdemokraten darauf, dass die Kanzlerkandidatur frühzeitig geklärt wird. Nach drei "Sturzgeburten" solle diese Frage vor der Bundestagswahl 2021 früher und geordneter beantwortet werden, erklärte Nahles von Journalisten in Berlin. Beobachter gehen davon aus, dass die Parteichefin selbst die Spitzenkandidatur übernehmen dürfte.
Mit Blick auf die Vergangenheitsbewältigung fügte Andrea Nahles im "Spiegel" hinzu, es sei nicht eine einzelne Person an der Spitze verantwortlich für die Misere gewesen. "Schuldzuweisungen wären bequem. Dann hast du die Sache abgehakt und musst nix mehr ändern. Das lässt dieser Bericht nicht zu, da wird nichts beschönigt."
Außerdem hätten die klaren Botschaften gefehlt, die SPD habe ihre internen Widersprüche nicht aufgelöst, so Nahles weiter. "Die Genossen an den Infoständen wussten nicht: Was sind die fünf Ziele, für die wir kämpfen?"
Nahles' Kurswechsel
Die SPD-Vorsitzende kündigte an, sie werde die Widersprüche zum Beispiel in der sozialdemokratischen Flüchtlingspolitik nun auflösen. "Daran arbeite ich systematisch."
Der langjährige Parteichef Sigmar Gabriel begrüßte Nahles' Kurs, die für ihren kürzlich geäußerten Satz "Wir können nicht alle aufnehmen" in Teilen der SPD heftig kritisiert wird. "Ich kann nur allen raten, sich die Lebenswirklichkeit im Land sehr aufmerksam anzuschauen", sagte Gabriel den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Die Debatte sei absolut notwendig.
ml/wa/fab (dpa, kna)