Angelique Kerber ist Wimbledon-Siegerin
14. Juli 2018Als es vollbracht war, sank Angelique Kerber auf die Knie, rollte sich auf den Rücken und ließ den Tränen freien Lauf. Es folgte eine liebevolle und anerkennende Umarmung der unterlegenen Gegnerin, Serena Williams. Anschließend lief Kerber zur Tribüne und umarmte in ihrer Box ihren Trainer und ihre Familie. Auch wenn es ihr zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, sie hatte gerade Sporthistorie geschrieben: Mit dem Sieg im Finale der All England Lawn Championships in Wimbledon hat Kerber sich erstmals in ihrer Karriere den Titel beim wichtigsten Tennisturnier der Welt gesichert.
Mit 6:3 und 6:3 setzte sich die 30-Jährige nach nur 1:05 Stunden gegen die Williams durch. 22 Jahre nach dem Erfolg von Steffi Graf trägt sich damit wieder eine deutsche Spielerin in die Siegerliste an der Londoner Church Road ein. Vor Graf, die zwischen 1988 und 1996 insgesamt sieben Titel in Wimbledon sammelte, hatte lediglich Cilly Aussem im Jahr 1931 auf dem heiligen Rasen gewinnen können.
"Ein Traum ist wahr geworden", sagte Kerber freudestrahlend und lobte zunächst ihre Gegnerin: "Wie du zurückgekommen bist, ist eine große Inspiration für alle. Ich musste heute mein bestes Tennis spielen. Es war meine zweite Chance, ich habe jede Sekunde genossen und bedanke mich bei allen Fans." Als sie anschließend auch noch ihrer Familie, den Betreuern und dem gesamten Team bedankte, versagte ihr endgültig die Stimme.
Williams mit schwachem Aufschlag und vielen Fehlern
Der Turniersieg war verdient. Zuvor hatte Kerber ein ausgesprochen gutes Match gezeigt. Am Anfang hatten sich einige Zuschauer noch die Augen gerieben, darunter auch Englands Prinzessin Meghan, die neben ihrer Schwägerin Catherine von Cambridge in der Royal Box saß. Kerber begann das Match gleich mit einem Break und lag nach wenigen Minuten mit 2:0 in Front.
Doch Williams schüttelte sich nur einmal kurz und zog ihr dominantes Spiel auf. Zwei Aufschlagspiele und ein Break später führte die US-Amerikanerin mit 3:2. Das Match wurde nun hochklassig. Kerber brachte Williams mit eingestreuten Stopbällen zum Laufen, Williams suchte den Erfolg in langen und platzierten Bällen, mit denen sie die Deutsche immer wieder aus der Mitte des Platzes trieb. Was nicht immer gut funktionierte, war Williams' Aufschlag: Zwei Doppelfehler in Folge im siebten Spiel brachten Kerber die Chance auf das nächste Break ein, die die Deutsche prompt nutzte.
Williams wirkte unzufrieden, schüttelte beim Seitenwechsel immer wieder den Kopf, Besserung trat aber erstmal nicht ein. Mit drei leichten Fehlern "schenkte" sie Kerber auch das Spiel zum 5:3. Nach dem nächsten Break ging der erste Satz mit 6:3 an die Deutsche. Williams hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 14 unerzwungene Fehler gesammelt.
Fittere Kerber bleibt dominant
Im zweiten Durchgang machte Kerber genauso stark und dominant weiter wie in Satz eins. Mit Stopbällen zwang sie Williams ans Netz, die mit den guten Passierschlägen Kerbers Probleme hatte und einige Chancen bei Volleys verschenkte. Williams wirkte zehn Monate nach der Geburt ihrer Tochter Alexis Olympia nicht spritzig. Bis zum Stand von 3:2 für Kerber gewannen beide Spielerinnen ihre Aufschlagspiele. Dann nutzte Kerber ihre Breakchance und zog auf 4:2 davon. Den entscheidenden Punkt machte sie einmal mehr mit einem langen Passierschlag die Linie entlang.
Williams wirkte nun angeschlagen und nicht mehr voll konzentriert. Schnell stand es 5:2, die Amerikanerin musste gegen den Matchverlust aufschlagen. Doch das gelang nach Maß: Zu null brachte Williams ihr Aufschlagspiel durch und verkürzte auf 3:5. Doch dann war Kerber nicht mehr zu stoppen.
Beim Stand von 15:0 für Kerber schlug Williams wieder einen hundertprozentigen Volley ins Aus. Kerber behielt die Konzentration und hatte wenige Augenblicke später den ersten Matchball. Den nutze sie sofort. Bezeichnenderweise war es wieder ein Fehler von Williams, der die Entscheidung brachte.
Für Kerber war es der dritte Grand-Slam-Titel ihrer Karriere. Sie hatte 2016 die Australian Open und die US Open gewonnen. Im gleichen Jahr hatte Kerber außerdem das Finale von Wimbledon gegen Williams verloren.
Frauen, die auf Männer warten...
Das Match hatte mit deutlicher Verspätung angefangen, denn vor dem Finale der Damen wurde zunächst noch das zweite Halbfinale der Herren beendet. Wegen der langen Dauer des ersten Semifinals zwischen Kevin Anderson und John Isner (7:6, 6:7, 6:7, 6:4, 26:24) war das Match zwischen Novak Djokovic und Rafael Nadal am Freitagabend um 23 Uhr beim Stand von 6:4, 3:6, 7:6 (11:9) aus Sicht von Djokovic abgebrochen worden. In der Verlängerung am Samstag setzte sich der Serbe gegen den Spanier durch. Endstand: 6:4, 3:6, 7:6 (11:9), 6:3 und 10:8.