Angst vor der Bundeswehr-Reform
21. April 2011Von blauem Himmel und dunklen Wolken zu sprechen, ist vielleicht nicht die ausgefallenste Metapher für einen Verband, der Flugzeugbauer und Raumsondenkonstrukteure vereint. Aber irgendwie ist es ja auch naheliegend. Und so spricht Andreas Sedlmayr von "drei Regenwolken", die aus das Verteidigungsministerium kommen. Sein Unternehmen stellt Schleudersitze für Kampfjets her, im Verband der Luft- und Raumfahrtindustrie spricht er für den Mittelstand. Da seien zum einen die Bereiche Instandsetzung und Wartung. Oft wird Fluggerät der Luftwaffe von Unternehmen und Bundeswehringenieuren gemeinsam gewartet. 2010 habe es für die Industrie zum ersten Mal einen Auftragsstopp gegeben. Wolke zwei seien Befürchtungen, das Verteidigungsministerium könne laufende Aufträge wieder stornieren, etwa die nächste Tranche der bestellten Eurofighter. "Sie werden sagen: Sie haben doch bestehende Verträge. Ja, das hoffe ich auch."
"Existenz nicht gesichert"
Hintergrund ist eine große Bundeswehrreform. Die deutsche Armee soll verkleinert werden, und die Branche rechnet damit, dass in Zukunft weniger Bedarf besteht an Kampfjets, Hubschraubern und den Produkten, die dafür zugeliefert werden. Sedlmayr warnt sogar, Deutschland könne langfristig sein technologisches Know-How verlieren: "Die Existenz und der Kompetenzerhalt der militärischen Luftfahrtindustrie ist am Standort Deutschland unter den gegenwärtigen Prämissen nicht gesichert."
Als Ausgleich für sinkende Militärbudgets wünscht sich Sedlmayr einen größeren Anteil der Industrie an Wartung und Instandhaltung. Die Bundeswehr könne weitere Wartungsarbeiten an die Industrie abgeben. Etwa ein Viertel der Branche lebt von militärischen Aufgaben, der wichtigste Auftraggeber ist natürlich die Bundeswehr – und damit das Verteidigungsministerium. Karl Theodor zu Guttenberg, der Initiator der Bundeswehrreform, der wegen Plagiaten in seiner Doktorarbeit zurückgetreten ist, war in der Branche wohl nicht gut gelitten. "Ich freue mich darüber, dass wir wieder einen Verteidigungsminister haben, der ernsthaft an einem Dialog mit der Industrie interessiert ist", sagt jedenfalls Thomas Enders, Airbus-Chef und Vorsitzender. Er freue sich darauf, dass "man wieder offen und professionell miteinander redet".
Steigende Umsatzzahlen
Bevor jetzt allerdings der Eindruck entsteht, die deutschen Unternehmen schraubten ihre Kampfjets unter einem dunklen wirtschaftlichen Regenhimmel zusammen, sollte man einen Blick auf die Gesamtzahlen werfen. Im vergangenen Jahr wuchs die militärische Luftfahrtbranche um mehr als sieben Prozent. Gestiegene Umsatzzahlen verzeichnen auch Raumfahrt und zivile Luftfahrt. Die Zivilluftfahrt macht mehr als die Hälfte der Umsätze aus. Sie konnte 2010 satte drei Prozent mehr Aufträge verbuchen, sagt Thomas Enders, der als Airbus-Chef gleichzeitig den wichtigsten Luftfahrtkonzern in Europa leitet. Die weiteren Aussichten sieht Enders alles andere als düster."Ich würde annehmen, dass wir auch in diesem Jahr wieder ein zusätzliches Umsatzplus verbuchen können. Und auch bei den Beschäftigtenzahlen wird es zu weiteren Einstellungen kommen." Die Prognose für die Branche als Ganzes: allenfalls leicht bewölkt, sonst heiter.
Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Andreas Becker