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Angst vor einer Isolation von Israel

Richard A. Fuchs19. November 2014

Der Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem wird auch in Deutschland scharf verurteilt. Viele Stimmen warnen allerdings davor, Gewalt mit Gegengewalt zu beantworten. Mancher befürchtet, dass Israel sich isolieren könnte

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Gebet in der Synagoge in Jerusalem (Foto: Reuters/R. Zvulun)
Stilles Gebet in der Synagoge in Ost-Jerusalem, in der bei einem Anschlag fünf Menschen starbenBild: Reuters/R. Zvulun

Deutsche Politiker wie auch Vertreter der Zivilgesellschaft haben den Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem scharf verurteilt. Bislang hat der Terrorakt vom Dienstag fünf Tote gefordert. Der deutsche Regierungssprecher sagte, dass eine solche Tat an einem Ort des Gebets "eine weitere entsetzliche Grenzüberschreitung" sei. Sowohl Israelis wie auch Palästinenser sollten jetzt aber besonnen reagieren, um durch eine Politik der "Mäßigung" den Konflikt zu deeskalieren. Auch Vertreter der evangelischen wie auch der katholischen Kirche äußerten sich bestürzt über den Anschlag, den zwei Palästinenser am Dienstag (18.11.2014) in Ost-Jerusalem verübt hatten. "Unser Mitgefühl ist bei den Opfern", sagte beispielsweise Bischof Heinrich Mussinghoff der katholischen Nachrichtenagentur KNA. Er koordiniert für die katholische Bischofskonferenz die Beziehungen zum Judentum.

"Eine neue Qualität im Konflikt"

Philipp Mißfelder, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, hob in einem Statement hervor, dass er die jüngste Serie von Anschlägen in Jerusalem für den Beginn einer "neuen Eskalationsphase im Konflikt" halte. Ähnliche Befürchtungen hat auch Kerstin Müller, Direktorin der grünen 'Heinrich-Böll-Stiftung Israel' in Tel Aviv. Sie hob im DW-Interview auf die neue Qualität der Bedrohung für Israel ab, weil die jüngsten Attentate von Palästinensern begangen wurden, die mit dem Besitz von Blue-Cards in Ost-Jerusalem volle Freizügigkeit besäßen: "Ganz anders als bei der zweiten Intifada ist jetzt zu sehen, dass die gesamte israelische Politik hier völlig hilflos in ihrer Reaktion ist."

Porträt von Omid Nouripour - Foto: Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen)
Radikale Stimmen zurückdrängen: Omid Nouripour von den GrünenBild: 2013 Omid Nouripour MdB - Bündnis 90/Die Grünen

Und der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Omid Nouripour, zerstreute im DW-Interview die Hoffnungen, diplomatische Initiativen könnten vermitteln: "Wenn sie sich anschauen, inwieweit auf beiden Seiten die Radikalen innenpolitisch die handelnden Führungen vor sich hertreiben, dann bin ich nicht sicher, was man von außen alles ändern kann." Weder leiste die Hamas einen Beitrag, Israels Sicherheit wiederherzustellen. Noch helfe es, dass die israelische Regierung sich mit "Sieben-Meilenstiefeln" von der Zweistaaten-Lösung entferne, so Nouripour.

NGO: Israels Politik wird nicht mehr verstanden

Die bisherige Reaktion der israelischen Regierung von Benjamin Nethanjahu auf die Attentate halten viele Vertreter der deutschen Zivilgesellschaft für besonders kontraproduktiv. Israels Ministerpräsident hatte den "Kampf um Jerusalem" ausgerufen, und ließ in einem Akt von Vergeltung und Abschreckung von der israelischen Armee Häuser von in Ost-Jerusalem lebenden Palästinensern zerstören, die zuletzt in Attentate verwickelt waren. Israels Wirtschaftsminister hatte gar gegenüber dem Armeesender einen großangelegten Militäreinsatz in Ostjerusalem zur Zerstörung der "Terror-Infrastruktur" ins Spiel gebracht.

Wiltrud Rösch-Metzler, Bundesvorsitzende der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, sagte dazu im DW-Interview: "Das wird von der Bevölkerung in Deutschland nicht mehr verstanden." So richtig es sei, dass die deutsche Außenpolitik fest an der Seite Israels stehe, so falsch hält sie die doppelten Standards, die durch die Bundesregierung im Umgang mit Israelis und Palästinensern gepflegt würden. So habe es im zurückliegenden Gaza-Krieg Wochen gedauert, bis die Bundesregierung den Einmarsch Israels in den Gazastreifen verurteilt habe. Dagegen sei die Verurteilung der palästinensischen Raketenangriffe auf Israel umgehend erfolgt, so die NGO-Vertreterin. Es gelte, Menschenrechtsstandards auf beiden Seiten einzufordern.

Europäische statt deutsche Diplomatie gefragt

Spaniens Vorstoß am Dienstag, mit der Mehrheit im spanischen Parlament, Palästina als Staat anzuerkennen, hat zudem die innenpolitische Debatte in Deutschland befeuert. Während Vertreter der Zivilgesellschaft wie Wiltrud Rösch-Metzler von Pax Christi die Bundesregierung ermuntern, es den Spaniern, den Schweden und bald wohl auch den Franzosen gleich zu tun, warnen andere. Die offizielle Haltung der Bundesregierung ist hier bislang, dass eine staatliche Anerkennung eines Palästinenserstaats erst nach einer Verhandlungslösung mit Israel von Deutschland angestrebt wird.

Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour ist, obwohl Oppositionspolitiker, in diesem Fall auf Regierungslinie. Ohne echte Verhandlungen, die die Bewegungsfreiheiten für die Palästinenser erhöhten, könne auch durch eine Anerkennung kein echter Frieden erreicht werden. Er plädiert für eine europäische Antwort, statt nationaler diplomatischer Alleingänge. Er warnt deshalb auch davor, dass die Mitgliedstaaten der EU weiter unkoordiniert mit der Anerkennung eines Palästinenserstaats voranschreiten: "Wir brauchen eine gemeinsame europäische Linie, damit Israel nicht isoliert wird".