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Anleger verlieren Interesse an Russland

Andrey Gurkov28. Juli 2015

Immer mehr internationale Investmentfonds schätzen die wirtschaftliche Entwicklung in Russland skeptisch ein. Anleger zeigen immer weniger Interesse an russischen Aktien. Auch die Investmentidee "BRIC" zieht nicht mehr.

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Russland Wirtschaft Börse in Moskau Logo Gebäude
Bild: Reuters

Die Nachricht kam aus den USA und schlug große Wellen in Russland, fand aber in Deutschland kaum Beachtung: Der Templeton Russia and East European Fund, ein amerikanischer Investmentfonds, der vor genau 20 Jahren von dem legendären Portfoliomanager und Schwellenländer-Experten Mark Mobius gegründet wurde, hat seine Selbstauflösung angekündigt. Somit geht jetzt ausgerechnet derjenige vom Markt, der als einer der Ersten das Potenzial des russischen Aktienmarktes entdeckte, lange bevor unter Kleinanlegern weltweit der Russland-Hype und der Run auf Papiere aus den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) ausbrachen.

Logo von Franklin Templeton Investments
Templeton hat seinen Russland-Fonds aufgelöst.

Die Risiken überwiegen

Dies ist nun vorbei. Das spürte nicht nur die amerikanische Fondsgesellschaft Franklin Templeton Investments, die jetzt ihren berühmten Russland-Fonds wegen mangelnden Kundeninteresses einstampft. Auch in Deutschland registriert die Branche eine Abkehr von den ehemaligen Börsenlieblingen. "Die BRIC-Euphorie ist Vergangenheit", konstatierte schon vor einem Jahr in einer Pressemitteilung die Feri EuroRating Services AG aus Bad Homburg.

Heute bestätigt Christian Michel, der in dieser auf Kapitalmarktanalysen spezialisierten Firma die Abteilung für Investmentfonds leitet, im Gespräch mit der DW: "Gegenwärtig sind generell bei Emerging-Markets-Fonds eher Mittelabflüsse als -zuflüsse festzustellen". Was konkret russische Aktien angeht, so hätten sich viele Anleger von ihnen bereits Mitte letzen Jahres verabschiedet. "Für die breite Masse ist der russische Markt im Moment eher uninteressant, weil die Risiken überwiegen", erklärt der Experte und meint sowohl politische Risiken wie die Ukraine-Krise und westliche Sanktionen als auch ökonomische, denn Russlands Wirtschaft steckt in einer tiefen Rezession.

Mark Mobius
Mark Möbius hatte Templetons Russland-Osteuropa-Fonds gegründet.Bild: picture-alliance/dpa/Grigoriy Sisoev/RIA Novosti

China und Indien bleiben interessant

Das Interesse für Investmentfonds mit Schwerpunkt Russland oder BRIC ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, berichtet auch Peter Schille. Der Gründer und Geschäftsführer von finanzen.net, dem nach eigenen Angaben größten deutschen Finanzportal, stützt sich dabei auf die ausgefeilte Statistik eines Internetunternehmens: "Die Abrufzahlen der Seiten mit Informationen über BRIC-Fonds sind seit 2011 auf circa ein Fünftel zurückgegangen, die der Russland-Fonds haben sich mehr als halbiert", sagt er im DW-Interview.

Im gleichen Zeitraum sei das Interesse der User an Themen rund um Investmentfonds generell jedoch gestiegen, betont Schille . Mehr Klickzahlen verbuchen auch Fonds mit den Schwerpunkten China und Indien. Die Idee von Investments in die ganze BRIC-Gruppe ist also out, aber ihre beiden asiatischen Mitglieder erfreuen sich wachsender Beliebtheit unter den Informationssuchenden.

Fondssparer gehen, Spekulanten kommen

In Russland dagegen seien es die Indizes der Moskauer Börse, der Rubelkurs und die Notierungen einzelner Aktien, die von den Usern von finanzen.net deutlich häufiger abgerufen würden. "Die Klickzahlen unserer Seite mit Informationen zum RTS-Index haben sich seit 2011 ungefähr verdreifacht", hat Peter Schille festgestellt. Das lässt darauf schließen, dass der russische Markt heute in Deutschland weniger die langfristig orientierten Fondssparer anzieht, die an ihre Altersvorsorge denken, sondern eher die Trader und Spekulanten, die kurzfristig an den starken Schwankungen von einzelnen Papieren oder Währungen verdienen wollen.

Nichtsdestotrotz hat der deutsche Kleinanleger nach wie vor eine recht große Auswahl von Investmentfonds mit Schwerpunkt Russland. Die Internetbank comdirekt beispielsweise bietet ihren Kunden rund 11 500 verschiedene Aktienfonds zum Kauf an, davon beschäftigen sich 68 ausschließlich mit russischen Dividendenpapieren. Einer davon ist DWS Russia.

Verluste für Langzeitanleger

Bei der Fondsgesellschaft DWS, die zur Deutsche-Bank-Gruppe gehört, konnte man der DW keinen Gesprächspartner zur Verfügung stellen, angeblich wegen der Ferienzeit. Aber auf ihrer Internetseite kann man erfahren, dass DWS Russia Ende Juli ein Fondsvermögen von etwa 132 Millionen Euro verwaltete. Das ist weitaus mehr, als die zuletzt 58 Millionen Dollar, die den Templeton Russia and East European Fund zwangen, wegen eines zu kleinen Fondsvolumens aufzugeben. Zum Vergleich: Der DWS India verwaltet 177 Millionen, der DWS Invest Chinese Equities 216 Millionen und der DWS Deutschland 5,5 Milliarden Euro.

Christian Michel
Christian Michel: "Die BRIC-Euphorie ist Vergangenheit."Bild: privat

Der DWS Russia wurde im April 2002 aufgelegt. Diejenigen, die damals ihre Anteile zeichneten, können sich heute über eine Wertentwicklung von etwa 55 Prozent erfreuen. Anleger, die später eingestiegen waren, mussten jedoch Verluste hinnehmen: Wer vor drei Jahren dem Fonds seine Ersparnisse anvertraute, liegt seither mit circa 21 Prozent im Minus, nach zehn Jahren Haltezeit beträgt der Verlust mehr als 22 Prozent.

Im März 2005 hob die DWS auch einen BRIC-Fonds aus der Taufe: DWS Invest BRIC Plus. Doch im Mai 2013 wurde er in DWS Invest Global Emerging Markets Equities umbenannt. Gleichzeitig änderte sich auch seine Anlagepolitik: Er investiert seither in alle aufstrebenden Märkte dieser Welt. "Ende des BRIC-Mythos?" lautet der Titel eines Artikels, der im Mai 2015 auf der DWS-Seite veröffentlicht wurde. "Noch vor wenigen Jahren galten die BRIC-Staaten als Ikonen des Aufschwungs. Inzwischen blättert der Lack kräftig", heißt es dort. Doch wer bei Investments in den Emerging Markets sorgsam vorgeht, der finde noch immer attraktive Möglichkeiten, ermuntert die Fondsgesellschaft ihre Kunden, fügt aber hinzu: "Russland gehört wohl derzeit nicht dazu".