Annan wegen "Öl für Lebensmittel"-Programm unter Druck
12. Januar 2005Er schätze die UNO so ein, dass die Verantwortung für finanzielles Missmanagement nicht gleich zu politischen Konsequenzen für den Generalsekretär Kofi Annan führen dürfe, sagt Paschke, ehemaliger Generalinspekteur und erster Deutscher im Rang eines Untergeneralsekretärs der Weltorganisation. "Es ist auch nicht so, dass er etwa seine persönliche Aufsichtspflicht über den für das Programm Verantwortlichen vernachlässigt hat", so Paschke im Gespräch mit DW-WORLD, dem Online-Angebot der Deutschen Welle.
Kein Grund für Rücktritt
Er sehe keinen Grund für einen Rücktritt von UN-Generalsekretär Annan wegen möglicher Verwicklungen in den Fall, wie von einigen US-Politikern gefordert. "Ich halte das für eine völlig überzogene und auch nicht gerechtfertigte Forderung." Die Tatsache, "dass der Sohn von Kofi Annan involviert war in einer der Firmen, die bei dem "Oil for Food"-Programm Dienstleistungen für die Vereinten Nationen (UNO) erbracht haben, kann doch dann nicht dazu führen, das Kofi Annan, ein Mensch, der wirklich so viel geleistet hat für die Vereinten Nationen, und der mit Sicherheit in keiner Weise persönlich involviert war in dieser Geschichte, nun seinen Hut nehmen müsste", sagt Paschke, zu dessen Hauptaufgabe bei der UNO von 1994 bis 1999 die Finanzkontrolle zählte.
Das 1996 von der UNO gestartete Programm "Oil for Food" legte Ausnahmen vom Ölembargo fest, das die Vereinten Nationen nach der irakischen Invasion in Kuwait 1990 verhängt hatten. Die irakische Regierung durfte die Einnahmen aus den begrenzten Ölexporten nur zweckgebunden für humanitäre Bedürfnisse der Bevölkerung verwenden. Dabei ist es nach Anfang Januar 2005 veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen eines unabhängigen Untersuchungsausschusses zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten gekommen. Dies habe zu möglichen Verlusten von mehreren Millionen Dollar geführt. Annan selbst war durch seinen Sohn Kojo in Misskredit geraten. Kojo Annan hatte für eine Vertragsfirma des Irak-Programms gearbeitet und auch nach seiner Kündigung noch Geld von ihr bezogen.
Personelle Konsequenzen
Das Missmanagement beim "Öl für Lebensmittel"-Programm muss laut Paschke zu personellen Konsequenzen führen. Die Verantwortung liege dafür bei dem Top-Manager des Programmes selber, also dem Untergeneralsekretär, der für das "Oil for Food"-Programm als Manager zuständig war, ergänzte der frühere UN-Generalinspekteur.
US-Außenminister Colin Powell hat am Mittwoch (12.1. 2005) gesagt, Kofi Annan sei für das Missmanagement verantwortlich. "Der Generalsekretär muss für die Managementprobleme Verantwortung übernehmen", sagte Powell in einem Interview mit dem US-Sender "Fox News", das am Mittwochabend (Ortszeit) ausgestrahlt werden sollte. Der Sender veröffentlichte die Aussagen vorab. "Aber das betrifft nicht nur Kofi Annan. Auch die UN-Mitglieder, vor allem der Sicherheitsrat, muss Verantwortung übernehmen, und wir sind Mitglied im Sicherheitsrat", fügte Powell hinzu.
Unterentwickelte Managementfähigkeiten
Laut Paschke tut sich die UNO weiter schwer mit dem Controlling. "Die UNO hat grundsätzlich wohl immer noch ein Problem mit dem was ich die internen Kontrollen nenne", sagt Paschke. "Das hängt damit zusammen, dass in der Tat auch heute noch viele UN-Manager sich im wesentlichen verantwortlich fühlen für die substantielle Umsetzung von bestimmten Mandaten, von bestimmten Projekten, dass sie aber wenig nachdenken darüber und auch wenig Kenntnisse und Verpflichtungen verspüren, was die dabei einzusetzenden Mittel angeht." Zwar habe die UNO in den vergangenen zehn Jahren Fortschritte gemacht, dennoch seien die Managementqualifikationen von Programmverantwortlichen häufig unterentwickelt.